ITO and BPO outsourcing to South Africa

A common way of organizations to cope with the persistent pressure to operate cost-effective and retain flexibility is the outsourcing of information technology and related services (Information Technology Outsourcing, ITO) as well as the outsourcing of business processes to external providers (Business Process Outsourcing, BPO).

During the last 10 years, BPO and ITO have become an important part of service industries in South Africa, currently concentrating mainly on the domestic African market. Only a small but increasing portion of deals comes from offshore locations like the UK, continental Europe and Australia.

Nevertheless, analysts see South Africa amongst the top 30 offshoring locations worldwide, recent studies testify South African IT-services are able to compete with international quality-standards and the South African government advertises with a lot of locational advantages.

But the full potential for offshore-services seems to be not yet unlocked. Against this background the aim of our study is to identify the current maturity of the South African BPO and ITO industry for delivering offshore services to Europe and key factors necessary to unlock currently unused potential.

Please participate in our study about ITO and BPO outsourcing to South Africa!

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„Im Netzwerk geht es leichter“ Chancen und Risiken von KMU-Netzwerken

„Innovative Ideen haben auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU). In KMU-Netzwerken können sie Lösungen suchen und Innovationen entwickeln.“

Im Interview mit dem Wirtschaftsspiegel der IHK Nord Westfalen haben Jules Thoma und ich uns vor dem Hintergrund unserer Forschung zu den Chancen und Herausforderungen von KMU-Netzwerken geäußert:
Wirtschaftsspiegel_KMU_Netzwerke_Interview_Stoll_Thoma

Das komplette Magazin gibt es hier.

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Berlin hat die Köpfe – aber nicht die Kohle. Innovationen in Berlins Kreativindustrie

Der Branchen-Cluster IKT, Medien, Kreativwirtschaft ist ein bedeutender und höchst potentialträchtiger Teil der Berliner Wirtschaft. Dabei umfasst der Cluster eine sehr große Bandbreite an Teilbranchen, die auf den ersten Blick nur mittelbar in Zusammenhang stehen. Bei genauerer Betrachtung erschließt sich aber ihre hochgradige Interdependenz – insbesondere vermittelt über den allumfassenden und wertschöpfungsrelevanten Trend zur Digitalisierung. Was wäre z.B. der Musikmarkt ohne mp3, der Buchmarkt ohne ebooks, Rundfunk und Presse ohne Internet, die Filmwirtschaft ohne youtube usw.? Auch ist die Kreativindustrie ein wichtiger Impulsgeber für die IKT-Branche und diese wiederum Auftrag- und Arbeitgeber sowie möglicher Kooperationspartner für die Kreativindustrie.

„Wir in Berlin sind überall dabei, aber wir kommen zu nichts.“ (Tucholsky)

Bis zu 240.000 Menschen arbeiten in diesem Cluster, der noch stärker als die gesamtdeutsche und Berliner Wirtschaft ohnehin schon von Kleinen und mittleren Betrieben geprägt ist. Es sind gerade die kleinen und Kleinstunternehmen, die die Branche ausmachen, die Freiberufler[ref]Der Anteil an Selbständigen liegt in der Kultur- und Kreativwirtschaft bei rund einem Viertel der Beschäftigten und damit weit über dem Durchschnitt aller Branchen (10%), unter den künstlerischen Berufen sogar bei bis zu 50%. BBSR, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung: Kultur- und Kreativwirtschaft in Stadt und Region. Bonn 2011Enquete-Kommission: Schlussbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“. 2007[/ref], und Selbständigen, die Kreativen, die Innovationsimpulse für ganze Wertschöpfungsketten geben – aber nicht selten zusehen müssen, wo sie bleiben.

Denn Prekariat und erfolgreiches Unternehmertum liegen dicht beieinander in der sogenannten Kreativindustrie und den verwandten Branchen IKT und Medien. Dabei sind gerade diese „Projektemacher“ der „digitalen Boheme“ Vorreiter des vielbeschworenen Übergangs zur Wissensökonomie. Hier hat es seine Wurzeln, das Projekt – eine Organisationsform, die mittlerweile auch die Arbeitsweise in Großorganisationen dominiert, da sie offenbar besonders geeignet ist, Innovationen und kundenindividuelle Problemlösungen zu generieren.

„Innovationen sind nicht marktgetrieben, sie treiben den Markt.“ (Josef Brauner)

Innovation! Dieser Schumpetersche Imperativ wird in der Wissensökonomie, die Querdenker und Kreative braucht, geradezu auf die Spitze getrieben. In der Kreativindustrie ist Innovation Programm, ist in ihr verankert und damit etwas anders gelagert als in den herkömmlichen Branchen der materiellen Produktion: Creative works sind nämlich per definitionem neu.[ref]Vgl. Handke, Christian W.: Defining creative industries by comparing the creation of novelty. Workshop: „Creative Industries – A measure for urban development?“ Wien, 20.03.2004[/ref] Bei vielen IT-Startups z.B. ist bereits die angebotene Dienstleistung bzw. das zugrundeliegende Geschäftsmodell die Innovation selbst[ref]Vgl. Stähler, Patrick: Geschäftsmodelle in der digitalen Ökonomie; Merkmale, Strategien und Auswirkungen. Lohmar 2002Hafkesbrink, Joachim; Schroll, Markus: Business Model Innovation in the Digital and new Media Economy. TII Conference „Innovation 3.0 – Challenges, Needs and Skills of the new Innovation Era“, Düsseldorf, 28.-30. April 2010[/ref]:

Beispiele für solche innovativen und ganz unterschiedlich erfolgreichen Startups sind das (gescheiterte) Unternehmen aka aki, das (erfolgreiche) discounto[ref] Die Dienstleistung von discounto z.B. besteht in der strukturierten Präsentation von regionalen Marktdaten via Internet für den Kunden (Preisvergleich von Discountern). Das Geschäftsmodell enthält für Kunden den Nutzen, online kostenlos Produktpreise vergleichen zu können bzw. für die Geschäftspartner, ihre Produkte online bewerben zu können. Erträge werden über Werbeeinnahmen generiert.[/ref], (das aufstrebende) suxeedo oder (der Überflieger) Hitfox.

Gemein ist ihnen das ständige Bedürfnis nach Kreativität bzw. kreativen Köpfen, wie z.B. Software-Entwicklern. Denn die Produktlebenszyklen sind kurz und Leistungen werden schnell von Konkurrenten imitiert. Hieraus entsteht ein Druck, sich ständig an technische Neuentwicklungen und Veränderungen des Marktes anzupassen, also erneute – oft inkrementelle – Innovationen hervorzubringen.

Gemein ist ihnen aber auch, dass sie nicht isoliert betrachtet werden können, da diese Unternehmen allein auf weiter Flur nicht existierten, geschweige denn erfolgreich wären. Die Branche ist von vielfältigen Abhängigkeiten durchzogen: Nicht nur sind viele kleine abhängig von den ganz großen – die SEO-Branche von Google bspw. –, sondern auch die kleinen brauchen die anderen kleinen in ihrer räumlichen Nähe. Denn Produkte und Dienstleistungen stehen im Zusammenhang von Wertschöpfungsketten und Innovationen befruchten und beflügeln sich gegenseitig. So greift auch der klassische Innovationsbegriff zu kurz, da er die kooperative Produktion von Innovationen in netzwerkförmigen Zusammenhängen unterbelichtet. [ref] Man muss jedoch eingestehen, dass die Innovations- und Netzwerkforschung hier in den letzten Jahren nicht untätig war und mittlerweile auch diese Aspekte stärker einbezieht.[/ref]

„Originality is the core of the value chain.“[ref] Weihui, Dai; Xuan, Zhou; Yue, Yu: The Innovation Communities and Their Ecological mechanism in Creative Industry. Proceedings of the PICMET, Cape Town, South Africa, 2008:383[/ref]

Ein anderes Beispiel für Innovation in der Kreativindustrie liefern die Kommunikations- bzw. Werbeagenturen: Hier besteht Innovation aus der originellen Gestaltung von Werbung und Marketing. So muss jede Werbebotschaft in Inhalt und/oder Form unterscheidbar von bereits dagewesenen sein, um als kreativ wahrgenommen zu werden. Dabei ist jede Auftragsbearbeitung maßgeblich an die Kreativität von Textern, Grafikern, Mediengestaltern, Dialogmarketern, etc. geknüpft.

Die essentielle Ressource für Innovationen in dieser Branche bilden demnach kreative Talente, so dass das Innovationspotential weit stärker als in anderen Branchen an die Mitarbeiter gebunden ist. [ref]BBSR, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung: Kultur- und Kreativwirtschaft in Stadt und Region. Bonn 2011;

Miles, Ian; Green, Lawrence: Hidden Innovation in the creative industries. 2008:44, Weihui/ Xuan/ Yue 2008:385)[/ref]

Infolgedessen sind Abwerbeversuche nicht ungewöhnlich[ref](Miles/ Green 2008:44)[/ref] und die Unternehmer sind froh, wenn ihre Assets, die jeden Abend nach Hause gehen, am nächsten Morgen wiederkommen.

„Also, das Kapital steckt in den Köpfen der Mitarbeiter, ist damit prinzipiell sehr flüchtig und gleichzeitig die wichtigste, zu schützende Ressource.“ (Dr. Peter Hecker, GEOkomm Networks)

 „Berlin ist eine Stadt für helle Köpfe und offene Sinne.“ (Sir Simon Rattle)

Die Köpfe sind vorhanden. Berlin bietet gut ausgebildete Fachkräfte und genau das Potential an kreativen Menschen mit Ideen, das für Innovationen so wichtig ist. Nicht ohne Grund, denn bei der Ortswahl stehen für hochqualifizierte Arbeitskräfte Freizeitangebot, Lebensqualität und attraktive Wohnbedingungen immer mehr im Vordergrund. So wird von den Unternehmern als wichtiger Standortvorteil die Möglichkeit genannt, mit Personen der gleichen oder naher Branchen in Kontakt zu kommen. Dabei werden sie zusätzlich durch institutionalisierte Netzwerke unterstützt, wie bspw. durch das media.net Berlin Brandenburg mit einer Vielzahl an Initiativen oder das GEOkomm Netzwerk der Geoinformationswirtschaft – beide mit Hilfe staatlicher Gelder ins Leben gerufen. Networking ist essentieller Bestandteil des Geschäfts und die Branche lebt von den persönlichen Netzwerken ihrer Menschen. Die hierin begründeten Potentiale reichen vom reinen Austausch über Kooperationen bis hin zur Anbahnung von Aufträgen oder Angestelltenverhältnissen.

„Berlin ist arm, aber sexy.“  (Klaus Wowereit) 

Fragt man die hier ansässigen Unternehmer der Kultur- und Kreativwirtschaft nach den Standortvorteilen Berlins, so nennen sie an erster Stelle die Vielfalt und Dichte des kulturellen Angebots, das internationale Image und die touristische Attraktivität. Anders ausgedrückt: Berlin ist ein Ort, an den viele Menschen gerne kommen und während ihres Aufenthalts natürlich auch Geld ausgeben. Berlin bietet Publikum. Berlin bietet Kundschaft.

Doch die Kaufkraft von Touristen allein reicht natürlich nicht, um Startups groß zu machen, die sich ja zudem auch mit ihren Produkten und Dienstleistungen nicht nur an Menschen oder Unternehmen richten, die gerade hier vor Ort sind.

Startups brauchen i.d.R. vielmehr eine Anfangsfinanzierung, um das Geschäft aufzubauen und ggf. nach einiger Zeit nochmal einen größeren Investor, der dabei hilft, das zarte Pflänzchen groß zu ziehen. Als Geldgeber infrage kommen hierbei die öffentliche Hand, Banken sowie größere Unternehmen, d.h. Geber von Venture Capital.

„Sie wollen einen Kredit? Zeigen Sie uns, dass Sie ihn nicht benötigen, und Sie bekommen ihn.“ (Henry Ford)

Die Investitionsbereitschaft von Banken schneidet beim Ranking der Standortfaktoren für die Kreativindustrie allerdings nicht sonderlich gut ab. Doch woran liegt das?

Ein möglicher Grund für die zurückhaltende Kreditvergabe von Banken in (Teilen) der Kreativindustrie liegt in der grundsätzlich geringen Eigenkapitalausstattung der Gründer bzw. Unternehmen. Ein anderer Risikofaktor liegt in den oft schwer einzuschätzenden Geschäftsmodellen, die hauptsächlich auf Ideen und immateriellen Vermögensgegenständen basieren und weniger auf materiellen Produktionsmitteln. Obschon auch die Banken das Potential der Branche erkannt haben, scheint es also noch immer schwierig, von ihnen Investitionsmittel zu erhalten.

Bleiben also der Staat und Venture-Kapitalgeber…

„Die Wirtschaft lebt viel stärker von Innovationen als der Staat; sie wird dem Staat wohl immer einen Schritt voraus sein.“ (Wolfgang Schäuble)

Erstaunlicherweise wird aber auch das Angebot an öffentlicher Förderung[ref]Siehe auch: IHK Berlin: Berliner iKT-Wirtschaft – Potenziale einer Zukunftsbranche[/ref] nicht sehr gut bewertet. Dabei bietet die öffentliche Hand eine doch recht breite Palette an Förderangeboten: Das BMWi bspw. fördert über das zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) Einzelprojekte, Kooperationen und Netzwerke, das BMBF setzt mit seinen Spitzencluster-Wettbewerben ebenfalls auf Netzwerke. Das Land Berlin fördert über die Investitionsbank Berlin Innovationsvorhaben, die Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie als Public Private Partnership vermitteln und begleiten auf dem Weg zur Förderung und auch in Brandenburg stellt die Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB) Fördermittel zur Verfügung.

Förderlandschaft und vermittelnde Infrastruktur sind also vorhanden. Warum also die schlechte Bewertung? Ist es eine unzureichende Wahrnehmung des Angebotes oder hapert es bei der Umsetzung? Aufgrund der Kleinteiligkeit und Komplexität der Branche ist es zumindest nicht leicht, Förderangebote zu kreieren, die den höchst individuellen Bedarfen aller Akteure gerecht werden.

„The biggest risk is not taking any risk…” (Mark Zuckerberg)

Verschiedentlich wird auch ins Feld geführt, die deutsche Startup-Szene – darunter die Berliner Kreativindustrie – brauche mehr große Investoren. Dabei ist Finanzierung nicht gleich Finanzierung. Denn Experten zufolge ist es gar nicht so schwer, in Berlin bspw. eine Business Angel Finanzierung für den Geschäftsstart zu bekommen. Viel schwieriger aber scheint es, in einer späteren Unternehmensphase die notwendige große Geldspritze von einem „later stage VC“ zu bekommen, um richtig groß durchzustarten. Die überlegen sich natürlich auch genau, wo sie ihr Geld anlegen. Was sollte sie davon abhalten? Hierzu gibt es vielfältige Vermutungen:

Haben die Deutschen bzw. die Berliner wirklich zu wenig Mut bzw. zu viel Angst vor dem Scheitern, zu wenig Mission oder Ambition, was wirklich Großes aufzuziehen? Ist es die fehlende große Erfolgsgeschichte mit Vorbildcharakter, der deutsche Mark Zuckerberg sozusagen? Braucht es mehr technische Gründer oder Co-Founder? Mangelt es an ausreichend wirklich signifikanten  bzw. komplett neuen Geschäftsmodellen in Berlin oder existiert gar ein grundsätzlicher deutscher Nachholbedarf im Erschließen von Online-Märkten? Setzen die Berliner schlicht zu sehr auf Investoren aus dem eigenen Land oder gestalten ihre Unternehmen nicht attraktiv genug für ausländische Käufer?

Oder sind es vielmehr die Investoren selbst, die das Potential Berlins mit all seinen kreativen Unternehmern, seinen Netzwerken, dem freundlichen politischen Klima und der überragenden Forschungslandschaft noch nicht ausreichend erkannt haben? Sollte es so sein, … man könnte es ihnen verstärkt unter die Nase reiben.

„Berlin muss der Motor Deutschlands werden.“ (Gregor Gysi)

Denn klar scheint eines: Berlin hat großes Potential, bietet ein insgesamt gutes Innovationsklima und bleibt weiterhin eine der beliebtesten Städte der Welt. Darauf ausruhen kann sich jedoch niemand, weder die Unternehmer, noch die Politiker, noch potentielle Förderer und Investoren. Damit diese Stadt und ihre Kreativen auf dem Weg zur wirtschaftlich erfolgreichen Innovationsmetropole weiter voranschreiten kann, ist noch viel zu tun. Der eingeschlagene Weg erscheint jedoch vielversprechend.

 

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145 Mrd. durch Digitalisierung. Wer’s glaubt …

Die BITKOM präsentierte Anfang Februar eine Studie der Prognos AG zu den „gesamtwirtschaftlichen Effekten der digitalen Arbeitswelt“ seit 1998. Warum man den Zahlen mit Skepsis begegnen sollte, schreibe ich in diesem Post.[ref]Es sei angemerkt, dass die „Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.“ (vbw) bereits 2013 eine Studie auf anscheinend der gleichen Datenbasis von Prognos präsentierte.[/ref]

Dass die sogenannte „Digitalisierung“, wie sie die BITKOM nennt, einen maßgeblichen Einfluss auf wirtschaftliches Wachstum hat, wage ich nicht zu bezweifeln. Ich bin jedoch skeptisch, dass die BITKOM- bzw. Prognos-Studie bzgl. der genannten Zahlen eine große Aussagekraft besitzt. Der primäre Grund liegt (wie bei so vielen Studien) im methodischen Vorgehen.

Stellen wir das Ergebnis voran:

„Die Analyse zeigt, dass die Digitalisierung in den einzelnen Wirtschaftszweigen jährlich zwischen 0,4 bis 0,9 Prozentpunkten zum Wachstum der Wertschöpfung beigetragen hat. Im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt beläuft sich der Wachstumsbeitrag der Digitalisierung auf 0,5 Prozentpunkte, was etwas mehr als einem Drittel des tatsächlich erfolgten Wertschöpfungswachstums im Untersuchungszeitraum entspricht. Dieser Wachstumsimpuls führt rechnerisch zu einem höheren Niveau der gesamten Wertschöpfung im Jahre 2012 in Höhe von 145 Milliarden Euro.“ (BITKOM 2014, S.4)

Ach. Kiek an. 145 Milliarden. Dasja ne Menge. Und wie seid Ihr da jetzt drauf gekommen? Das gucken wir uns mal an.

Digitalisierung

01000100 01101001 01100111 01101001 01110100 01100001 01101100 01101001 01110011 01101001 01100101 01110010 01110101 01101110 01100111

Unter „Digitalisierung“ versteht BITKOM die „zunehmende Nutzung digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien“ und ergänzt, dieser digitale Wandel sei „deutlich mehr als die bloße Nutzung von Informations und Kommunikationstechnologien. Vielmehr setzt sich der Wandel selbst aus einer Vielzahl von technologischen Trends und veränderten wirtschaftlich-gesellschaftlichen Entwicklungen zusammen.“ (BITKOM 2014, S.6)

Diesen Wandel in einem Wort zusammenzufassen ist zugegebenermaßen schwer, …dennoch muss ich bei der vielbeschworenen „Digitalisierung“ von Kommunikation, der Arbeitswelt o.ä. immer an kleine Männchen denken, die am Fließband stehen und Nullen und Einsen produzieren, während über ihren Köpfen Sprechblasen mit dem Inhalt „0011100101001“ schweben … Ähem. Pardon.

Wer misst, misst Mist.

Um nun diese Digitalisierung irgendwie in Bezug zu wirtschaftlichen Größen setzen zu können, musste sie gemessen werden. Ergo kreierte BITKOM zu diesem Zweck die Variable „Digitalisierungsgrad“ und definierte sie wie folgt:

„Als Digitalisierungsgrad einer Branche ist in dieser Studie die Anzahl der als digital klassifizierten Patente in Relation zu allen Patenten, jeweils bezogen auf die Branche definiert“ (BITKOM 2014)

Als digital klassifiziert wurden Patente aus den Bereichen:

  • Computertechnologie
  • IT-Methoden für Managementaufgaben
  • Halbleiter
  • Digitale Kommunikation
  • Audio-visuelle Technologien

Weiterhin wurde davon ausgegangen, dass auch andere Patentklassen, die nicht diesem Kernbereich entsprechen, mittelbar von Digitalisierung betroffen sind.

Beispiel: Jemand meldet einen Computertisch zum Patent an. Dann beträfe dieses Patent neben der Patentklasse Computertechnologie auch den Bereich Tische und wäre beiden zugeordnet. (Wobei es tatsächlich die Patentklasse Computertische gibt – aber es ist ja nur ein Beispiel.)

Stammt nun mindestens eine der Patentklassen aus dem „Kernbereich der Digitalisierung“ (s.o.), „gilt dieses Patent als Patent mit diffundiertem digitalen Wissen.“ (BITKOM 2014, S.7)

Die Anzahl an Patenten mit „diffundiertem digitalen Wissen“ wurde dann in Relation gesetzt zur Anzahl aller Patente in der jeweiligen Patentklasse und daraus der Digitalisierungsgrad der jeweiligen Klasse ermittelt.

Also z.B. die Anzahl an Patenten im Bereich Computertische geteilt durch die Anzahl an Patenten im Bereich Tische. Dann weiß man nach BITKOMs Ansatz, wie stark digitalisiert die Patentklasse Tische ist.

Anschließend wurden die Patentklassen anhand eines bestimmten Schlüssels „den Wirtschaftsbereichen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zugeordnet“ und mittels eines „algorithmischen Ansatzes […] der der Relevanz der Patentklassifikation im jeweiligen Wirtschaftszweig entspricht“ gewichtet.

Bis hierhin wurde also bereits eine ganze Menge definiert und gerechnet. Die Größe „Digitalisierungsgrad der Patentklasse XY“ bietet demnach viel Spielraum für Interpretation.

Alles, was lediglich wahrscheinlich ist, ist wahrscheinlich falsch. 

Wie aber wurde nun vom Digitalisierungsgrad auf Wertschöpfungsbeitrag geschlossen?

Es wurde davon ausgegangen, dass „die Veränderung der Bruttowertschöpfung einer Branche […] stets auf drei Komponenten zurückgeführt werden“ kann: Einsatz von Arbeit (Stunden), Kapital (Nettoinvestitionen) und X.

X ist dabei ein „Residuum, das zu einem großen Teil den technischen Fortschritt, aber auch andere nichtbeobachtbare Größen umfasst.“ Unter den Teil von X, der als technischer Fortschritt definiert wurde, subsumierte man auch die „Erhöhung des Digitalisierungsanteils einer Branche“. Digitalisierungsgrad ist also eine Teilmenge von technischer Fortschritt ist eine Teilmenge von X.

Anschließend wurde durch Regressionsanalysen versucht, den technischen Fortschritt (das unbekannte X) durch den Digitalisierungsgrad der Branche zu erklären. Also: Wie hoch ist der Anteil des Digitalisierungsgrades an X?

Anschließend errechnete man den Anteil der Veränderung der Bruttowertschöpfung, der rechnerisch mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den Digitalisierungsgrad zurückzuführen ist.

„Eine Erweiterung des technischen Wissens durch Digitalisierung führt dann zu einer Erhöhung der Wertschöpfung,ohne dass der Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital selbst erhöht werden muss.“ (BITKOM 2014, S.8)

Man hat also eine konstruierte Größe (Digitalisierungsgrad), die viel Spielraum für Interpretation lässt, in ein mathematisches Modell gebastelt, das letztlich mit (Fehler-)Wahrscheinlichkeiten operiert und gerechnet. Heraus kam der „Wachstumsimpuls“ pro Jahr, also der prozentuale Anteil der Digitalisierung an der Wertschöpfung.

OK. Kann man machen. Ist bestimmt auch nicht falsch. Aber irgendwie liest sich das doch schon anders als: „0,5% des Wirtschaftswachstums bzw. 145 Mrd. Euro gehen auf die Digitalisierung zurück.“ Oder?

Plausibilität

Ich verstehe wenig bis nichts vom Bergbau. Demzufolge mag es sein, dass gerade hier der Einsatz digitaler Informations- und Kommunikationstechnologie besonders hoch ist und entsprechend auch der wertschöpfende Einfluss der Digitalisierung.

Dennoch wünsche ich mir eine Erklärung dafür, dass u.a. in diesem Wirtschaftszweig ein weit höherer „Wachstumsimpuls“ von der Digitalisierung ausgeht als in der „Gruppe der Wirtschaftsbereiche mit hohen Digitalisierungsanteilen“ (s.u.).

BITKOM (2014, S.8): "Tabelle 1: Digitalisierungseffekt auf die Wertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen, Wachstumsimpuls (1998-2012) und Niveaueffekt (Mrd. Euro real)"

BITKOM (2014, S.8): „Tabelle 1: Digitalisierungseffekt auf die Wertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen, Wachstumsimpuls (1998-2012) und Niveaueffekt (Mrd. Euro real)“

BITKOM (2014) "Tabelle 2: Digitalisierungseffekt auf die Wertschöpfung in Wirtschaftsbereichen mit hohem Digitalisierungsanteil, Wachstumsimpuls (1998-2012) und Niveaueffekt (Mrd. Euro real)"

BITKOM (2014) „Tabelle 2: Digitalisierungseffekt auf die Wertschöpfung in Wirtschaftsbereichen mit hohem Digitalisierungsanteil, Wachstumsimpuls (1998-2012) und
Niveaueffekt (Mrd. Euro real)“

Oder ist dies bereits ein Indiz dafür, dass der „Digitalisierungsgrad“ mit seiner Basis in der Patentanzahl ein nur mäßig geeigneter Indikator für Wertschöpfungsimpulse ist?

Und die kleinen?

Viel gravierender finde ich aber einen ganz anderen Punkt. Denn der „Digitalisierungsgrad“ und damit eine tragende Säule des ganzen Konstrukts bezieht sich nur auf einen geringen Teil der (deutschen) Wirtschaft!

Indem nämlich der Digitalisierungsgrad schwerpunktmäßig auf der Anzahl der Patente beruht, wird mit dieser Methode ein ganz erheblicher Anteil der deutschen Wirtschaft nicht berücksichtigt: Die kleinen und mittleren Unternehmen, KMU.

KMU stellen den überwältigenden Anteil von mehr als 99% aller deutschen Unternehmen. Gleichzeitig liegt ihr Anteil an den Patenten jedoch bei nur etwa 20%.

Dies liegt u.a. an der im Vergleich zu Großunternehmen weit schlechteren Ressourcenlage, so dass insbesondere Startups die oft mehreren Tausend Euro für eine Patentanmeldung scheuen. KMU nutzen Patente daher oft vielmehr zur Beobachtung der Konkurrenz und weniger zum Schutze ihrer Ideen. Diesbezüglich setzen sie oft eher auf zeitlichen Vorsprung, Komplexität der Produktgestaltung oder Geheimhaltung.“

Abgesehen mal von der (notwendigen) Konstruiertheit des Modells sind in die ganze Rechnung also maximal ein Fünftel der deutschen Unternehmen eingegangen. Dabei sind gerade die kleinen oft hochinnovativ und computergestützte Technologien stellen vielfach entweder Produkt oder Basis ihrer Produkte und Dienstleistungen dar.

Die Hightech-Strategie der Bundesregierung trägt dem Rechnung, indem sie eine umfassende Förderlandschaft implementiert hat, die auf KMU ausgerichtet ist.

Die BITKOM-Studie hingegen scheint diesen Umstand schlicht zu ignorieren. Schade.

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Enterprise 2.0: Wandel, Utopie oder Chance?

Vom 6.-8. Mai findet in Berlin die re:publica 2014 statt. Kurz vor Schluss des CfP habe ich noch folgenden Beitrag eingereicht. Comments welcome!

Enterprise 2.0: Wandel, Utopie oder Chance?

Kurzthese:

Das Enterprise 2.0 setzt auf die Prinzipien des Web 2.0: Partizipation, Selbstorganisation und Transparenz. Fraglich bleibt, ob dieser Ansatz einen grundlegenden Wandel von Organisationen nach sich zieht, eine Symbiose mit bestehenden Organisationsformen eingeht oder gar zum Scheitern verurteilt ist. Der Vortrag stellt das Prinzip des Enterprise 2.0 vor und skizziert drei mögliche Entwicklungen, die dem Publikum zur Diskussion gestellt werden.

Beschreibung:

Das viel diskutierte Enterprise 2.0 ist das neue Paradigma der Unternehmensentwicklung: Während darunter anfangs schlicht der Einsatz von Social Media in Unternehmen verstanden wurde, steht Enterprise 2.0 mittlerweile für eine ganzheitliche Unternehmensphilosophie.

Das Enterprise 2.0 ist demnach eine strukturell wie kulturell auf die Anforderungen der Wissensökonomie ausgerichtete Organisation. Diese setzt Social Media extern und intern ein, um lernfähig zu sein und ihre kollektive Intelligenz stetig weiterzuentwickeln. Im Mittelpunkt stehen dabei die Träger/innen dieser Intelligenz: Die Wissensarbeiter/innen. Durch interne Wikis, Blogs und SNS unterstützt sollen sie selbstorganisiert, bereichs- und hierarchieübergreifend gleichberechtigt kommunizieren und kooperieren, ihre Kompetenz einbringen und ihr Wissen zur Verfügung stellen. Auf diese Weise sollen die dem Web 2.0 zugrundeliegenden Prinzipien der Teilhabe, Selbstorganisation und Transparenz für die Wertschöpfung von Unternehmen fruchtbar gemacht werden.

Diese Entwicklung wird von verschiedenen Prognosen begleitet, die als Thesen diskutiert werden sollen:

  1. Parallel zu bestehenden Formalstrukturen entstehen durch den Ansatz des Enterprise 2.0 neue Hierarchien in Unternehmen. Diese basieren auf Reputation und Expertise der Wissensträger/innen und lösen letztlich das formale Hierarchieprinzip des Enterprise 1.0 ab.
  2. Der Ansatz des Enterprise 2.0 ist zum Scheitern verurteilt. Denn das hierarchische Prinzip verhindert die gleichberechtigte Kommunikation und karrierestrategisches Denken steht dem Teilen von Wissen im Wege.
  3. Das Enterprise 2.0 schafft seine Formalstruktur nicht ab, sondern bezieht das Enterprise-Web in seine Personalauswahlprozesse ein. So verhilft die im Netz sichtbare persönliche Expertise zu karrierestrategischer Positionierung, während das Unternehmen einen Zuwachs an kollektiver Intelligenz erfährt.

Category: Business & Innovation

Format: Vortrag

Erfahrungslevel: Experten

Dauer: 60 Minuten

Sprache: Deutsch

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„Aus hierarchischen Unternehmen werden Netzwerke“ – Wirklich?

Andreas Schulze-Kopp von Hirschtec hat ein FAZ-Interview mit Don Tapscott[ref]Frankfurter Allgemeine Zeitung, Montag, 20. Januar 2014 · Nr. 16, S.18[/ref] kommentiert. Titel: „Aus hierarchischen Unternehmen werden Netzwerke“. Der Post ist ebenso interessant wie das Interview – daher nehme ich im Folgenden auf beides Bezug.

Die Konsequenzen der digitalen Revolution

Don Tapscott vergleicht das Ausmaß der gesellschaftlichen Konsequenzen von Digitalisierung und Vernetzung mit denen des Buchdrucks. Dieser führte letztlich zu einer Überwindung des Feudalismus durch eine Egalisierung des Wissenszugangs in der Gesellschaft. Dabei sieht Tapscott in der „IT-Revolution“ noch größeres Potential als im Buchdruck:

„Das Internet aber gibt uns nicht nur Zugang zum geronnenen Wissen, sondern zu einer Intelligenz, die in den Köpfen aller Menschen dieser Welt steckt. Deshalb würde ich unser Zeitalter auch nicht als ein „Informationszeitalter“ beschreiben. Es zeichnet sich bereits ein „Zeitalter der vernetzten Intelligenz“ ab mit einer Verschiebung hin zur Kollaboration und Partizipation“

Auch wenn ich das Ausrufen ständig neuer Zeitalter relativ müßig finde, bezeichnet Tapscott mit diesem Hinweis ein wesentliches Moment. Nämlich den Umstand, dass mit der Vernetzung von Computern die ultimative Kombination aus Kommunikationsmedium und Speichermedium erreicht ist – und damit eben die Möglichkeit, die Intelligenz und das Wissen von Menschen über Kommunikationen quasi zusammenzuschalten und zu bündeln. Und gerade diese „kollektive Intelligenz“ können – und wollen – sich auch Unternehmen zu Nutze machen.

Hierfür bietet Social Media sowohl extern als auch intern mannigfaltige Möglichkeiten.

Unternehmen und die Intelligenz des Kollektivs

So z.B. durch Formen der externen Kooperation, in welchen Unternehmen ihre Kunden über Social Media in den Wertschöpfungsprozess einbeziehen. Durch sogenanntes Crowdsourcing verschmelzen Konsument und Produzent zum Prosumenten.

Intern besteht durch den Einsatz von Social Media die Möglichkeit, das „Intelligent Enterprise“ zu realisieren, das James Brian Quinn bereits vor 20 Jahren vorschwebte. In diesem wird der Druckerschen Ressource des „Wissensarbeiters“ nicht nur der adäquate Wert beigemessen, sondern sie wird auch in Form von „intellektuellen Clustern“ optimal koordiniert und genutzt.

Der Weg zum derart intelligenten Unternehmen ist allerdings lang und steinig, denn er ist mit dem Überwinden etablierter Muster verbunden und nicht weniger als der Übergang zu einer neuen Form der Organisiertheit: Der Weg vom Enterprise 1.0 zum Enterprise 2.0.

Der steinige Weg in die neue Welt

Das Enterprise 2.0 setzt auf die Prinzipien des Web 2.0 – und damit auf Selbstorganisation, Partizipation und Transparenz. Diese stehen etablierten Strukturen und Handlungsweisen gegenüber: Handeln auf Anordnung und Dienst nach Vorschrift, formale Hierarchie, Nepotismus und strategischer Umgang mit Wissen zu Zwecken des Machterhalts.

So teile ich (leider) auch die Skepsis von Schulze-Kopp, wenn er in seinem Post formuliert:

„Kollaboration in der heutigen Arbeitswelt findet oftmals nicht statt. Wenn überhaupt, dann nur im kleinen, abgeschotteten Kreis und für andere Kollegen nicht sichtbar.“ (A. Schulze-Kopp)

Der erste und wichtigste Schritt auf dem steinigen Weg ins Enterprise 2.0 und damit zu mehr Produktivität liegt also darin, „dass wir lernen, besser zu kooperieren“ (Tapscott ) und etablierte Strukturen zumindest zu einem Teil überwinden.

Die Angst vor der Strukturlosigkeit

Das ist aber gar nicht so einfach, denn wie bei allem Neuen und Unbekannten haben die Leute schlicht eines: Angst.

“Die Angst loslassen zu müssen, die Kontrolle abzugeben und darauf zu vertrauen, dass das Ergebnis nach Einbezug von vielen besser wird, als bei wenigen ausgewählten Kollegen. Unternehmen fürchten hier immer vermeintliche chaotische Arbeitsweisen und hohe Ineffizienzen. Dabei verlaufen doch viele Informationsprozesse gerade ohne umfassende Abstimmung viel ineffizienter und im Verborgenen schon heute recht chaotisch.“ (A. Schulze-Kopp)

Zusammenarbeit von vielen ist komplex, daher muss sie organisiert werden. Das geht nicht ohne ein Mindestmaß an Struktur. Strukturen, die den Regelfall nahezu perfekt leiten, schaffen aber auch immer Starrheiten, die ggf. der notwendigen Ausnahme im Wege stehen. Und dann fallen irgendwann Sätze wie dieser hier: „Da müssen wir mal sehen, wie wir das am Prozess vorbeidesignen.“ (Mitarbeiter eines Konzerns) Wenn Strukturen Effizienz verhindern, werden sie – ausreichend Mut und Kreativität vorausgesetzt – umgangen. Wäre das nicht so, würde oft überhaupt nichts mehr funktionieren. Wird es aber zur Regel, herrscht unter einer strukturierten Oberfläche oft das reale Chaos, das Schulze-Kopp anspricht. Warum also nicht gleich dort, wo Strukturen kontraproduktiv sind, diese abbauen?

Es ist das (flexible) Zusammenspiel aus formaler und informeller Organisation, welche die effektive Organisation ausmacht!

Dabei verlangen unterschiedliche Aufgaben unterschiedliche Grade der Formalisierung. Und an dieser Stelle möchte ich Don Tapscott widersprechen, wenn er sagt:

„Generell verschieben sich Organisationen von eher vertikal integrierten Modellen, von Befehl und Kontrolle oder von Hierarchien hin zu offeneren Netzwerkmodellen. Und diese Entwicklung macht vor keiner Institution in unserer Gesellschaft halt. […] Die Veränderungen betreffen ebenso Regierungen, das Finanzsystem, die Medien, Schulen, Universitäten oder die öffentlichen Transportdienstleister. Alle diese Sektoren werden sich Netzwerkprinzipien zu eigen machen.“ (Tapscott)

Ich glaube nicht, dass diese pauschale Aussage zutreffend ist. Richtig: Große Unternehmen sind zunehmend matrixförmig organisiert und in vielen Bereichen durch projektförmige Strukturen geprägt. Denn Projekte bieten der heute immer dominanteren Form der Wissensarbeit die notwendigen Freiheitsgrade, indem sie auf weitgehende Selbstorganisation setzen. Das ergibt aber nur Sinn bei eben solchen Tätigkeiten, die sich nicht hinreichend formalisieren lassen, wie z.B. solche, die im weitesten Sinne auf innovative Problemlösung abzielen. Forschung und Entwicklung und kundenindividuelle Dienstleistungen sind Beispiele.

Prozesse hingegen, die durch einen hohen Grad an wiederkehrenden Mustern geprägt sind – wie bspw. die Massenproduktion materieller Güter oder Verwaltungstätigkeiten – sind weiterhin am besten durch relativ starke Formalisierung organisierbar.

Daher möchte ich auch der Vorhersage eines grundlegenden Wandels vom Enterprise 1.0 zum Enterprise 2.0 eine Absage erteilen:

Selbst wenn mit der umfassenden Projektifizierung von Organisationen bereits Momente der Selbststeuerung und relativer Hierarchiefreiheit in die Welt der Unternehmen Einzug gehalten haben, so werden Hierarchie, Abhängigkeit und Kontrolle in Unternehmen gänzlich wohl nie verschwinden. Täten sie es, wäre das Enterprise mit der Metamorphose von der Version 1.0 zu 2.0 gewissermaßen erfolgreich gescheitert. Denn damit wäre aus der Organisation ein Netzwerk geworden.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich Hybridformen zwischen Enterprise 1.0 und Enterprise 2.0 weiter durchsetzen.[ref]Vgl. Reiss, Michael; Steffens, Dirk: Paradigmenwechsel im webgestützten Wissensmanagement. In: Wissenschaftsmanagement. Zeitschrift für Innovation. 1, 2010, S. 14-19[/ref]

Nämlich Organisationen, in denen zwar weiterhin eine formal funktionale Hierarchie besteht, in der aber gleichzeitig Räume existieren, die durch Selbstorganisation und Gleichberechtigung geprägt sind.

In eben jenem Spannungsfeld des „sowohl als auch“ zwischen hierarchischer und netzwerkförmiger Koordination schlummern die Potentiale, die es zu erschließen gilt – auch und gerade unter Zuhilfenahme von Social Software.

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Bluetooth Kopfhörer – Vergleich Sennheiser MM 550-X, Sony MDR1RBT, Bose AE2w

Mein diesjähriges Weihnachtsgeschenk an mich selbst sollte ein kabelloses Headset sein. Im Folgenden vergleiche ich drei Bluetooth-Headsets der oberen Preisklasse und komme zum Schluss, dass mich keines der drei Modelle zu 100% zufriedenstellt. Vorher lasse ich mich zu meinen Beweggründen sowie zum technischen Hintergrund aus. Wen das nicht interessiert, der möge scrollen.

Kabellos – zu Hause und unterwegs

Ich bin beruflich viel mit dem Zug unterwegs, höre dabei gerne Musik oder schaue einen Film auf dem Laptop (aktuell ein Lenovo T430u) und möchte gleichzeitig telefonisch erreichbar sein, ohne umstöpseln zu müssen. Auch zu Hause stehen laute Musik, die keinen stören soll, Filme und telefonische Erreichbarkeit mit einem Gerät und ohne Kabel im Vordergrund. Die einzige drahtlose Übertragungstechnik, die mir das  unabhängig von einer Infrastruktur (wie z.B. WLAN) erlaubt, ist Bluetooth.

Mein Bewertungshintergrund

Ich bin nicht hochgradig audiophil, kann aber trotz Schlagzeuger-Ohren noch einen guten Sound von einem schlechten unterschieden. Ich weiß, wie das menschliche Gehör arbeitet und wie MP3 und andere Codecs funktionieren (wen das interessiert, der lese z.B. hier). Ich höre keine Klassik, sondern sowohl gitarrenlastige Musik wie Punkrock und Heavy Metal als auch fette HipHop-Beats, die einen satten Bass vertragen (das aktuelle Album von Sido kann ich nicht nur als Kopfhörertestmusik empfehlen).

Bluetooth – was kann das?

Es gibt viele Artikel im Netz, die unvollständige oder z.T. sogar falsche Informationen über die Fähigkeiten von Bluetooth wiedergeben. Der Wikipedia-Artikel gibt einen guten Überblick, reichte mir jedoch nicht aus. Also überflog ich zusätzlich die Spezifikationen von Bluetooth 4.0, bereitgestellt von der Bluetooth Special Interest Group (aktuelle Version ist 4.1).

Die für mich relevante Information: Das oft als unzureichend für qualitativ hochwertige Musikwiedergabe gebrandmarkte Bluetooth ist zumindest theoretisch in der Lage, ausreichend Daten für die Wiedergabe von CD-Qualität zu transportieren. Seit der Version 2.0 mit EDR (Enhanced Data Rate) ist eine Übertragung von bis zu 2,1 MBit möglich. Nehmen wir eine CD mit eine Sampling-Rate von 44 kHz in 16 Bit stereo kommen wir auf 44.000*16*2=1.408.000, also rund 1,4 MBit. Passt.

Das ist nicht die ganze Wahrheit! A2DP, SBC, MP3, AAC und apt-x

Um die Mukke von PC, Smartphone oder Hifi-Anlage auf die Ohren zu werfen, kommt das Protokoll A2DP (Advanced Audio Distribution Profile) zum Einsatz. Dieses unterstützt standardmäßig den verlustbehafteten Audio-Codec SBC (max. 345 kBit/s), optional MP3 und AAC. Was da durch die Luft fliegt, hat also selbst bei einer qualitativ hochwertigen Quelle mit dem Ursprungssignal nicht mehr viel zu tun und ist bezüglich der Datenmenge/ Sekunde auf jeden Fall kleiner als die theoretisch möglichen 2,1 MBit.

Ob nun SBC, MP3 oder AAC zum Einsatz kommt, ist abhängig von den Fähigkeiten von Quelle und Sender. Da MP3 lizenzpflichtig ist und SBC nicht, wird meist SBC unterstützt. Bei einer MP3-Quelle erfolgt daher eine MP3-Dekodierung und anschließende SBC-Codierung, was zusätzliche Verluste mit sich bringt.

Zusätzlich bzw. alternativ existiert der apt-x Codec, der eine 16, 20 oder sogar 24-Bit Auflösung gewährleistet und dabei bis zu 1,28 MBit bei 6 Kanälen (5.1) unterstützt. Laut Hersteller (!) liefert apt-x selbst bei 56 kbit/s eine Qualität vergleichbar mit CD-Qualität. Naja …

Quellen im Test-Setting

Quelle sind in meinem Fall ein I-Phone 5 mit IOS 7.irgendwas bzw. der built-in Broadcom Bluetooth-Adapter meines Notebooks (s.o.). Der Bluetooth-Transmitter (B-Speech RTX-1) für mein Hifi-Setting ist noch unterwegs, kam also nicht zum Einsatz.

Das iPhone unterstützt ab Betriebssystemversion iOS 3.0 A2DP mit AAC und SBC aber nicht MP3 und auch kein apt-x. Mein iTunes-Match MP3-Content wird also in SBC gewandelt.

Windows 7 unterstützt von Hause aus kein A2DP und kein apt-x.

Ich war trotz Bluetooth Diagnostic und System Information Viewer nicht in der Lage, herauszufinden, was mein Broadcom Bluetooth 4.0 Chip Version 0x220E kann. Ich weiß also nicht, ob ich ggf. bei der Filmwiedergabe AAC oder SBC auf den Ohren hatte.

Das Datenblatt des nicht getesteten B-Speech RTX-1 verrät mir nur, dass es A2DP kann und verspricht dem Kunden eine Wiedergabe von MP3-Quellen – aber kann er MP3 ohne SBC-Wandlung ? Und was ist mit AAC?

In meinen Test gingen also einige Unbekannte ein!

Die Kopfhörer

Bestellt hatte ich mir: Sennheiser MM 550-X, Sony MDR1RBT und Bose AE2w.

Die Geräte sind allesamt mit einem Mikrophon ausgestattet und somit als Headset zum Telefonieren brauchbar. Allerdings war die Sprachqualität bei keinem der Geräte wirklich überzeugend. Doch das stand für mich nicht im Vordergrund.

Preis

Die Kopfhörer lagen bei Amazon alle um die 250 Euro, auch wenn sie auf den Herstellerseiten teilweise viel teurer sind: Sennheiser bietet den MM 550-X für absurde 399 € an. Sony ruft noch happige 349 € für den MDR 1 RBT auf. Einzig Bose bleibt mit 249 € auf dem Teppich.

Das Wichtigste zuerst: Der Sound

Machen wir es kurz:

Der Sennheiser MM550-X ist klanglich für das Geld ein Witz! Viel zu höhenlastig und da nicht mal sauber! Aufgesetzt, gewundert, abgesetzt. Insofern sind die gebotenen apt-x und NoiseGard Perlen vor die Säue. Schade! Wenn man Sennheisers Preisangebot betrachtet, ist das kaum zu verstehen.

Der Bose AE2W liefert das ausgewogenste Klangbild. Satter und auch knackiger Bass, Mitten und Höhen ausgewogen. Die aktive Entzerrung im abnehmbaren Bluetooth-Modul optimiert angeblich zusätzlich den Frequenzgang. Das hört man sogar beim Vergleich mit dem Kabelbetrieb. Hier fällt doch glatt der Sound (minimal) ab. Die Jungs und Mädels bei Bose scheinen der Meinung zu sein, ihr Sound spräche für sich. Denn Angaben zu Frequenzbereich, Pegel oder gar Klirrfaktor fehlen völlig.

Der Sony MDR 1 RBT bringt ebenfalls einen fetten Bass – leider ist er im Höhenbereich nicht ganz so stark. Mein Referenzalbum 30-11-80 von Sido kommt richtig gut. Dennoch bleiben dem Sony, insbesondere wenn man die Preisklasse bedenkt, leichte Soundsschwächen zu attestieren. Warum Sony meint, einen Frequenzbereich von 4 Hz bis 80 kHz abdecken zu müssen, um dann aber gerade in den Höhen leicht zu schwächeln, verstehe ich nicht.

Kopfhörervergleich1

Optik und Tragekomfort

Der Bose AE2W überzeugt auch hier am stärksten. Mit seinen 150g und den angenehm sitzenden, gut isolierenden Hörmuscheln ist er in Sachen Tragekomfort echt kaum zu toppen. Dem insgesamt guten Design kommt leider das abnehmbare Bluetooth-Modul in die Quere. Das Ding sieht einfach richtig blöd aus und versaut den ziemlich schicken Gesamteindruck.

Der Sennheiser sitzt ok und ist ebenfalls leicht (179g). Das ist mir aber aufgrund des enttäuschenden Sounds egal. Das Ding ist raus!

Der Sony ist fast doppelt so schwer wie der Bose (297g), sitzt aber dennoch richtig gut. Bei längerem Tragen merkt man allerdings deutlich den Unterschied. Auch werden die Ohren dann wärmer als beim Bose. Optisch ist der Sony ein richtig dickes Ding im DJ-Style. Irgendwo cool – aber doch ganz schön dick. Für unterwegs dann vielleicht doch zu groß und schwer.

Bluetooth-Version und Leistungsklasse

Alle drei Geräte fallen in die Leistungsklasse 2, bieten also eine Reichweite von ca. 10m. Sowohl vom Notebook als auch vom iPhone funktioniert das auch im Nebenraum – hier wirds dann aber mitunter schonmal laggy. Dazu weiter unten mehr.

Der Bose hat mit Bluetooth 4.0 von allen dreien die neuste Version, gefolgt vom Sony mit 3.0 und dem Sennheiser mit 2.1. Da es – so wie ich das verstanden habe – aber ab Version 2.1 bei 2,1 MBit geblieben ist (high speed mit WLAN Unterstützung bei BT 4.0 mal unbeachtet) und es anscheinend eher auf das Protokoll (A2DP) bzw. den genutzten Codec ankommt (SBC, MP3 AAC, apt-x), können wir diesen Unterschied wohl vernachlässigen.

Alle drei Kopfhörer operieren mit A2DP und unterstützen damit SBC. Keiner der drei beherrscht AD2P mit MP3-Unterstützung. Bose und Sony können allerdings AAC. Dass der Sennheiser apt-x beherrscht, ist ob seines schwachen Klangbildes zu vernachlässigen.

Obschon also in allen Fällen meine 256kbit MP3s aus der Cloud in SBC umcodiert wurden, finde ich den Klang von Bose und Sony diesbezüglich gut.

Da ich nicht weiß, ob mein Broadcom-Bluetooth Chip im Notebook AAC kann und ich auf dem iPhone selten Filme mit AAC-Sound gucke, bringen mir die AAC-Fähigkeit des Bose und des Sony nur theoretisch Vorteile.

Kopfhörervergleich - BT

Das große Manko: I hate beeing laggy!

Bis hierhin hätte ich den BOSE AE2W behalten, obwohl mich dieses komische Bluetooth-Modul optisch so gar nicht anspricht. Geschmackssache.

Letztlich kann aber kein Gerät zu 100% überzeugen, denn sowohl beim Bose als auch beim Sony treten mitunter kleine Unterbrechungen auf! Das fiel insbesondere beim Film-Test auf dem Notebook auf (5.1 AAC mit unterschiedlichen Bitraten, ausgegeben auf Stereo-Gerät). Doch auch bei der Musik-Wiedergabe vom iPhone gab es hier und da einen kleinen Hacker.

Am stabilsten zeigte sich diesbzgl. noch der SONY, der meist auch dann noch flüssig blieb, wenn man die Hände an den Kopfhörer legte und so den Bluetooth-Empfang theoretisch störte. Das Bluetooth-Modul des BOSE AE2W hingegen mag das überhaupt nicht.

Ich kann nicht beurteilen, ob meine Wiedergabegeräte (iPhone bzw. ThinkPad) an den Aussetzern schuld sind oder aber die Kopfhörer. Es handelt sich bei den Quellen aber um relativ moderne und weit verbreitete Standardgeräte. Die Kombination aus hochpreisigem Bluetooth-Kopfhörer und modernem Smartphone bzw. Notebook sollte jedoch m.E. in der Lage sein, eine 100%ig flüssige Wiedergabe zu garantieren, wenn die Geräte schon weniger als 1m voneinander entfernt sind, wie es bei mir der Fall war. Auch, wenn die Lags in der Häufigkeit unterschiedlich waren – manchmal eine halbe Stunde flüssig, manchmal alle 2min oder bei einer Kopfbewegung. Ich will gar keine Lags! I hate beeing laggy!

Fazit

Schweren Herzens schicke ich alle drei Kopfhörer zurück. Mit einem nur 95%igen Sound kann ich leben, auch mit leichten ästhetischen Mängeln. Aber Aussetzer? Geht gar nicht – und wenn sie noch so klein sind. Schade! Mal sehen, was die nächste IFA bringt.

 

 

 

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Social Media in Unternehmen als karrierestrategisches Instrument? (Teil 2)

In meinem letzten Beitrag habe ich herausgearbeitet, dass Social Media in Unternehmen ein Mittel sein kann, sich karrierestrategisch zu positionieren. Die offen gebliebene Frage lautete:

Sehen Mitarbeiter dieses Potential und ist es für sie ggf. ein Motiv zur Nutzung von Social Media?

Dieser Frage bin ich anhand meiner Daten zur Nutzung von Social Media bei der Deutschen Telekom nachgegangen.

Ergebnisse: Social Media als karrierestrategisches Instrument?

Ich hatte eine ganze Reihe von Fragen gestellt, die in diese Richtung zielten. Die wohl direkteste lautete: „Stimmen Sie der folgenden Aussage zu? Wenn ich … nutze, unterstütze ich meine Karriere.“

Mit „…“ waren in der Frage die unterschiedlichen Dienste markiert, nämlich: Wikis, Blogs, das „Telekom People Network“ und der Dienst „Direkt zu René Obermann“.

Auf den ersten Blick scheinen die Antworten ernüchternd. Denn:

Nur für einen geringen Teil der Befragten ist die Unterstützung der eigenen Karriere ein Nutzungsmotiv für Social Media.

Karriere2

An dieser Stelle meiner Auswertung war ich allerdings noch nicht gewillt, meine These zu verwerfen.

OK, nur ein geringer Teil der Befragten stimmt voll zu, durch Social Media die eigene Karriere unterstützen zu wollen. Aber: Fasst man die Positivantworten zusammen, stimmen immerhin mehr als ein Drittel der Befragten bei Wikis, Blogs und dem Telekom People Network zu, dies sei auch ein Nutzungsmotiv (mindestens „trifft eher zu“).

Wenn ich die Wikis, Blogs und das Telekom People Network zusammenfasse, kann ich also an dieser Stelle sagen:

Für ca. ein Drittel der Befragten ist die Unterstützung der eigenen Karriere ein Nutzungsmotiv für Social Media im Unternehmen.

Ist das nichts? Das ist doch was!

Und darüber hinaus stellte ich ja noch mehr Fragen, die den Zusammenhang zwischen Social Media und Karriere nicht ganz so offenkundig adressierten. „Von hinten durch die Brust geschossen“ sozusagen …

So hatte ich z.B. auch danach gefragt, ob das Zeigen der eigenen Kompetenz oder das Herstellen von Sichtbarkeit zu den Nutzungsmotiven für Social Media zählen.

Und siehe da: Hier erreichte ich deutlich höhere Zustimmungsraten!

Kompetenz2

Sichtbarkeit

Ganz offenkundig stellt es für einen großen Teil der Befragten ein Nutzungsmotiv in Bezug auf Social Media dar, die eigene Kompetenz zu zeigen und sich als Träger dieser Kompetenz im Unternehmen sichtbar zu machen.

Auch hatte ich nach Effekten der Social Media Nutzung gefragt, darunter danach, ob denn das eigene Engagement durch die Nutzung von Social Media tatsächlich sichtbar wird. Hier lässt sich ebenfalls Positives verzeichnen, denn:

Ein großer Teil der Befragten gibt an, durch die Nutzung von Social Media würde ihr Engagement im Unternehmen sichtbar.

Engagement

(Dass die Zustimmungswerte für das Telekom People Network schlechter ausfallen als für Wikis und Blogs, lässt sich durch die mangelnde Verknüpfung der Dienste erklären, wie ich es hier getan habe.)

Zwischenfazit

Bis hierhin lässt sich demnach zusammenfassend sagen:

  1. Nur für einen kleineren Teil der Befragten stellt die eigene Karriere ein Nutzungsmotiv für Social Media dar
  2. Für einen relativ großen Teil der Befragten hingegen stellt das Zeigen der eigenen Kompetenz und das Herstellen von Sichtbarkeit ein Nutzungsmotiv für die verschiedenen Social Media Dienste dar.
  3. Ein relativ großer Teil der Befragten ist darüber hinaus der Meinung, durch die Nutzung der genannten Dienste würde ihr Engagement sichtbar.

An dieser Stelle ergibt sich die Frage: Wenn das so ist, … warum ist dann der Teil derer, für die Karriere ein Nutzungsmotiv darstellt, so viel kleiner als der Teil, der meint, bei Social Media ginge es um das Zeigen von Kompetenz, Engagement und Sichtbarkeit?

Genau diese Faktoren sind doch schließlich wichtige Determinanten für Karriere!

Fallback …

Ich sah mich also gezwungen, einen Schritt zurückzutreten und die eigenen Annahmen noch einmal zu hinterfragen:

Aufgrund meiner Forschungsarbeiten ist der Zusammenhang zwischen sichtbar dargestellter Kompetenz und Karriere für mich so offenkundig, dass ich automatisch davon ausgegangen bin: Wenn man die Darstellung der eigenen Kompetenz und deren Sichtbarkeit für wichtig erachtet, müsse automatisch ein Karrieremotiv dahinterstehen.

Aber sehen das meine Befragten auch so?

Wer A sagt, muss nicht B sagen!

Ich überprüfte, ob diejenigen, die im weitesten Sinne Selbst- bzw. Kompetenzdarstellung als Nutzungsmotiv in Bezug auf Social Media angaben, gleichzeitig auch dem Karriere-Motiv zustimmten.

Und auf den ersten Blick schien sich meine Vermutung zu bestätigen. Denn es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Motiv der Karriereunterstützung und der Meinung, Social Media Nutzung mache das eigene Engagement sichtbar.[ref]Dies gilt für Wikis, Blogs und das Telekom People Network (Exakter Test nach Fisher, Wikis: Exakte Signifikanz (2-seitig): <0,001, n=67. Tau beträgt 0,190 in beide Richtungen. Exakte Signifikanz 0,001. Blogs: Exakte Signifikanz (2-seitig): 0,050, n=50. Tau beträgt 0,093 in beide Richtungen. Exakte Signifikanz 0,050. Telekom People Network: Exakte Signifikanz (2-seitig): 0,008, n=48. Tau beträgt 0,168 in beide Richtungen. Exakte Signifikanz 0,008.)[/ref]

Allerdings ist dieser rechnerisch relativ schwach ausgeprägt. Ich brauchte also weitere Indizien, um meine These untermauern zu können. Dabei leitete mich weiterhin der Gedanke, das Zeigen von Kompetenz, das Herstellen von Sichtbarkeit – also letztlich Selbstdarstellung oder etwas soziologischer: ein gezieltes Impression Management[ref]Goffman geht davon aus, dass Menschen in Interaktionen stets mehr oder minder bewusst versuchen, bei ihrem Gegenüber ein bestimmtes Bild von sich zu erwirken. Diesen Vorgang nennt Goffman Impression Management. Den Akt der Eindrucksmanipulation bzw. „die Gesamttätigkeit eines bestimmten Teilnehmers an einer bestimmten Situation […], die dazu dient, die anderen Teilnehmer in irgendeiner Weise zu beeinflussen“ (Goffman 1983:18), bezeichnet er als Performance. (Goffman, Erving: Wir alle spielen Theater. München 1983)

Das Goffmansche Konzept des Impression Management (IM) wurde ab den 1970er Jahren von der Sozialpsychologie aufgegriffen, systematisiert sowie empirisch überprüft. In den 1980er Jahren fand IM Eingang in den Bereich der Organisationsforschung und Managementtheorie. Mit IM werden hier die unterschiedlichen Strategien von Mitgliedern einer Organisation beschrieben, sich darzustellen. Spätestens seit den 1990er Jahren wird IM in Organisationen (hauptsächlich im englischsprachigen Raum) auch als strategisches Mittel zur Unterstützung des eigenen Karriereerfolgs von Akteuren diskutiert.[/ref] sei mit dem Motiv der karrierestrategischen Positionierung verbunden.

Wenn es hier um potentiell karrierewirksame Selbstdarstellung geht – so dachte ich – dann erfolgt diese bewusst. Platt gesagt: Dann überlege ich mir, wie ich mich auf welcher Plattform und vor welchem Publikum präsentiere, damit ich möglichst kompetent rüberkomme.

Also überprüfte ich, ob diejenigen, für die die eigene Karriere auch ein Nutzungsmotiv für Social Media ist, angeben, sie würden sich genau überlegen, wer ihre Beiträge lesen könnte.

Es ergab sich kein signifikanter Zusammenhang. 🙁

Ich überprüfte weiterhin, ob eben jene Personen angeben, sie überlegten sich genau, welchen Eindruck sie mit ihren Beiträgen erwecken könnten.

Auch hier wieder ergab sich kein signifikanter Zusammenhang. 🙁

Jetzt war ich tatsächlich ein wenig ratlos. Geht es hier überhaupt um Selbstdarstellung?

Eine letzte Zusammenhangsprüfung gab mir den Rest. Denn es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Antwort „Wenn ich Social Media nutze, unterstütze ich meine Karriere“ und „Social Media ist ein Instrument zur Selbstdarstellung“.

Karrierepotential: Ja.

Sichtbarkeit: Ja.

Karrierestrategische Selbstdarstellung: Nein!

Ich habe vor dem Hintergrund meiner Annahmen viele Daten erhoben. Manche davon, schienen meine Annahmen zu bestätigen,  andere passten einfach nicht ins Bild. Ich musste also – wie so oft in den Sozialwissenschaften – ein differenziertes Phänomen interpretieren.

Was lässt sich festhalten?

Ja: Es gibt in meiner Stichprobe einen nicht zu vernachlässigenden Teil, der in der Nutzung von Social Media ein karrierestrategisches Potential sieht.

Ja: Durch die Nutzung von Social Media kann man Sichtbarkeit generieren und die eigene Kompetenz darstellen.

Und nein: Unabhängig davon, ob in Social Media auch ein karrierestrategisches Instrument gesehen wird, nutzt die Mehrheit der Befragten Social Media nicht als karrierestrategisches Instrument der Selbstdarstellung.

Social Media wird vielmehr ganz pragmatisch zur Unterstützung der täglichen Arbeit genutzt – und zwar je nach Eigenschaften und Potentialen des jeweiligen Dienstes.

Im Telekom People Network sucht man primär nach Experten und baut sein persönliches Netzwerk aus.

Suche nach Experten  Netzwerk

In Wikis bringt man sein Wissen ein und unterstütz damit das Wissensmanagement – macht also schlicht seine Arbeit.

Arbeit Wissensmanagement

Blogs wiederum werden primär als Kommunikationsmittel gesehen…

Kommunikationsmittel

…sowie als eine Plattform, auf der man seine Meinung vertritt. Ähnliches Potential liegt in dem Dienst „Direkt zu René Obermann“.

Meinung

Und die Nutzung jedes einzelnen Dienstes trägt auf seine Weise dazu bei, das Unternehmen zu gestalten.

gestalte Unternehmen

Es geht den Mitarbeitern also nicht plump darum, sich darzustellen, um sich karrierestrategisch zu positionieren – auch wenn das Potential hierzu gesehen wird. Es geht nicht um „Selbstdarstellung“ – die womöglich sogar negativ konnotiert ist. Es geht schlicht darum, Social Media während der täglichen Arbeit sinnstiftend zu nutzen und dabei ganz automatisch mit dem eigenen Engagement und der eigenen Kompetenz sichtbar zu werden! Und das kann natürlich auch karriereförderlich sein, jedoch ohne dass es den primären Fokus darstellt.

Das hat mich positiv überrascht. Denn es verweist auf wunderbare Weise auf die Potentiale von Social Media in Unternehmen für Organisation und Individuum!

Und so bald ich die Zeit finde, werde ich mich hierzu auslassen… 🙂

Nächstes Jahr!

 

 

 

 

 

 

 

 

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Social Media in Unternehmen als karrierestrategisches Instrument?

In diesem Post beschäftige ich mich mit dem karrierestrategischen Potential von Social Media in Unternehmen – und davon ausgehend mit den Möglichkeiten und Grenzen, kollektive und individuelle Interessen im Enterprise 2.0 zu verknüpfen.

Rückblick: Kommunikation und Karriere

Im Forschungsprojekt careers@communication gingen wir der Frage nach, welche Karrierebedingungen in modernen Großunternehmen herrschen und welche kommunikativen Karrierestrategien sich dort beobachten lassen. Kurz gefasst interessierten wir uns dafür, wie sich Menschen sichtbar machen, um sich für einen möglichen Aufstieg ins Spiel zu bringen, wenn sie in standortverteilten Strukturen arbeiten, in denen medienvermittelte Kommunikation an der Tagesordnung ist. Ein Mittel, Sichtbarkeit herzustellen, liegt dann eben auch in medienvermittelter Kommunikation. In unserer Untersuchung nahmen wir jedoch Social Media diesbezüglich nur sehr bedingt in den Fokus.

Der Frage, ob Social Media in Unternehmen auch karrierestrategische Potentiale besitzt, gehe ich in meinem Dissertationsvorhaben nach. In diesem Rahmen führte ich eine Untersuchung bei der Deutschen Telekom durch – einen Teil der Daten habe ich bereits in verschiedenen Posts veröffentlicht (z.B. hier).

Auf die Idee, Social Media überhaupt in gedanklichen Bezug zum Thema Karriere zu setzen, kam ich, als ich  verschiedene, höchst spannende Artikel von IBM-Research las.

SmallBlue

Den ersten Hinweis auf eine karrierestrategische Nutzbarkeit von Social Media in Organisationen lieferte mir ein Artikel aus dem Jahr 2007 zu SmallBlue bei IBM.

SmallBlue ist ein Experten-Lokalisations-System, das Kommunikationsdaten von Nutzern analysiert und auf dieser Basis verschiedene Funktionen bietet: Die Komponente SmallBlue Ego zeigt das persönliche Netzwerk des Users an. SmallBlue Find liefert als Antwort auf eine Stichwortsuche eine Liste relevanter Experten. SmallBlue Reach liefert Informationen zu Personen und ihre „Entfernung“ innerhalb des persönlichen Netzwerkes. Und SmallBlue Net visualisiert die sozialen Netzwerke themenspezifischer Experten.[ref]Das 2006 einer Gruppe von 150 Freiwilligen zur Verfügung gestellte SmallBlue wurde innerhalb von IBM schnell adaptiert und bietet heute Zugang zu den persönlichen Netzwerken von 300.000 IBM-Mitarbeitern. Eine kommerzielle Version ist unter dem Namen Atlas for Lotus Connections verfügbar. (Ehrlich/ Lin/ Griffiths-Fisher 2007, IBM 2011, Norton 2010) [/ref]

Was aber hat ein solches System mit individueller Karriere zu tun? Nun, es kann anscheinend karrierebedeutsames Sozialkapital bereitstellen:[ref]

Der Begriff des Sozialkapitals wird innerhalb der Soziologie unterschiedlich definiert. Hier soll er (nach (Lin 1999, Lin 2001)) verstanden werden als Ressourcen (z.B. Unterstützungsleistungen, Fürsprache etc.), die von Personen durch den Zugriff auf bestehende Sozialbeziehungen mobilisiert werden können – dabei ist stets eine Investition in diese Sozialbeziehungen notwendig.

Bsp.: Wenn ich ein berufliches Netzwerk an Kontakten zu Kollegen, Geschäftspartnern, Vorgesetzten etc. besitze und diese Beziehungen pflege – indem ich stets freundlich und verbindlich bin, mich für private Belange interessiere, mein Wissen teile, Gefälligkeiten erweise etc. pp. – steigere ich damit die Wahrscheinlichkeit, bei Bedarf auf Unterstützungsleistungen von diesen Personen zurückgreifen zu können. Auf Karriere bezogen kann dies eine Information über eine freiwerdende Position, Fürsprache, eine positive Beurteilung o.ä. sein.

Nun lässt sich das Pflegen von Kontakten im oben genannte Sinne teilweise auch auf Social Media übertragen. Ergo ist es einleuchtend, dass verschiedene Untersuchungen bereits auf einen Zusammenhang von Sozialkapital und der Nutzung von Facebook verweisen konnten (Ellison/ Steinfield/ Lampe 2007, Steinfield/ Ellison/ Lampe 2008) Die in diesem Post genannten Untersuchungen legen wiederum einen solchen Zusammenhang auch für Social Networks innerhalb von Unternehmen nahe. [/ref]

Eine der befragten Interviewpartnerinnen wollte sich intern um eine neue Position bewerben. Sie nutzte SmallBlue, um verschiedene Personen im Umkreis des zuständigen Managers ausfindig zu machen und diese dann als Referenz nutzen zu können – mit Erfolg: Sie bekam den angestrebten Job.

Doch damit nicht genug.

„Climbing“ als Motivation zur Nutzung von Beehive bei IBM

Eine andere Autorengruppe beschrieb in einem weiteren Artikel verschiedene Nutzungs-Motive der IBM-Mitarbeiter in Bezug auf das das IBM-Interne Social Network Beehive.

 Beehive (später auch Social Blue genannt) existierte von 2007-2011 innerhalb der IBM neben den IBM BluePages (bzw. Bluepages+1 oder Fringe).[ref] Das entscheidende Feature, mit dem die BluePages sich zu einem vollwertigen SNS entwickelten ist unter dem Namen Fringe bekannt (Farrell/ Lau 2006): Fringe übertrug die vom Social Bookmarking bekannte Idee des Markierens von Inhalten (tagging) auf Personen und erlaubte so eine Zuschreibung von Attributen zu Personen durch die Nutzer-Gemeinschaft. Die derart „getaggten“ Personen wurden von Fringe im jeweiligen Nutzerprofil in „Buddy Lists“ gespeichert, so dass auf diese Weise eine Vernetzung von Profilen erfolgte. Mit der Integration von Fringe in die BluePages war eine Namensänderung derselben von BluePages zu Fringe bzw. BluePages+1 verbunden. (Bader et al. 2008:37) Während der Ansatz von Fringe bzw. dessen Integration in die BluePages auf eine bessere Lokalisation von Experten innerhalb der Organisation abzielte und hier primär die berufliche Identität im Vordergrund stand, sollte Beehive den Mitarbeitern die Möglichkeit geben, ihre persönliche Identität darzustellen. So zeichneten sich die Beehive Profile durch die Möglichkeit aus, eine besonders große Bandbreite an persönlichen Informationen einzustellen und erlaubten auf diese Weise ein differenziertes „reputation management“. (IBM 2008, Ward 2013) [/ref]

Eines der identifizierten Nutzungsmotive nannten die Autoren „Climbing“, d.h. Beehive wurde von einigen Mitarbeitern mit direktem Blick auf karrierestrategische Positionierung verwandt.

So berichtete bspw. ein Mitarbeiter davon, durch Nutzung der Kontaktliste eines Kollegen und entsprechende Kontaktanfragen gezielt die Mitgliedschaft in einer bestimmten Community of Practice erreicht zu haben, sowohl um sich innerhalb dieser Gemeinschaft als Experte für bestimmte Themen zu positionieren, als auch um dort karrierewichtige Kontakte zu knüpfen.

Eine andere Mitarbeiterin hinterließ ebenfalls aus karrierestrategischem Kalkül Kommentare auf Profilen von Senior Managern, mit dem Ziel, sich bei diesen sichtbar zu machen. Dabei ging sie recht informell vor: Laut Profil waren die Manager Fans der Football-Mannschaft Pittsburgh Steelers. So gab sich die Mitarbeiterin ebenfalls als Fan zu erkennen. Beide Manager antworteten auf die Kommentare … und werden sich womöglich die Mitarbeiterin gemerkt haben.

Im Folgenden ein Zitat der Mitarbeiterin:

“Beehive is a way to have people know something about you, maybe remember something about you. In a company with 300,000 people, it is easy to get lost. If you want to advance, people need to know something about you. Obviously you gotta do your job and your manager has to agree you do a good job to advance, but it is all about networking. You never know where your next job will come from, and the more people you can connect with, the bigger set of opportunities for your next job.”

Nutzung von Beehive und Sozialkapital

In einem weiteren Artikel von 2009 schließlich, wird eine Untersuchung beschrieben, die der Frage nachging, ob bestimmte Nutzungsweisen von Beehive in Zusammenhang mit der Akkumulation von Sozialkapital stehen.

Ergebnis:

Je intensiver die Nutzung des SNS Beehive ausfiel, desto höhere Werte wurden auf den Skalen des Sozialkapitals in all dessen Dimensionen verzeichnet. Nicht nur wiesen Personen mit einer intensiven Nutzung des SNS dichtere Verbindungen zu ihrem Netzwerk auf, zeigten eine höhere Bereitschaft, etwas für die Organisation beizusteuern und hatten ein größeres Interesse, sich global zu vernetzen – sie hatten auch einen besseren Zugang zu neuen Personen und eine bessere Möglichkeiten des Zugriffs auf die Expertise anderer. Sie hatten also durch die Nutzung von Beehive Sozialkapital generiert.

Vorläufiges Resümee: Social Media als karrierestrategisches Instrument

In der heutigen Arbeitswelt von Großkonzernen sind zwei Dinge aus karrierestrategischer Sicht unerlässlich: Die Sichtbarkeit der eigenen Person – und zwar als Ganzes, als Mensch mit persönlichen Eigenschaften und spezifischen Kompetenzen – und das gezielte Networking mit anderen Experten und potentiell karrierewichtigen Entscheidungsträgern.

Diese beiden Punkte sind jedoch nicht nur als karrierewichtig zu markieren. Gleichzeitig sind sie auch die Voraussetzungen effektiver Wissensarbeit. Und genau diese beiden Punkte werden auch durch Social Media unterstützt.

So bieten insbesondere Social Networks – die Experten-Suchsysteme von heute – die Möglichkeit,

  • … sich selbst als Experte zu präsentieren. So kann man nicht nur selbst Experten finden und auf ihre Expertise zugreifen, sondern auch als Experte von anderen gefunden werden. Dies steigert z.B. die Anschlussfähigkeit für Projekte, in denen man wiederum seine Kompetenz unter Beweis stellen und weitere Kontakte knüpfen kann.
  • … Kontakte nicht nur zu anderen Fachleuten, sondern auch zu Entscheidungsträgern bzw. potentiell karrierewichtigen Personen zu knüpfen.

Voraussetzung hierfür ist immer die eigene Aktivität in Form von Kommunikation und Vernetzung gepaart mit einer positiven Selbstdarstellung der eigenen Person. Sprich das persönliche Profil und die eigenen Beiträge müssen den Eindruck einer kompetenten und sympathischen Person hinterlassen.

Theoretisch ist Social Media also ein Instrument, mit dem man sich auch karrierestrategisch positionieren kann. Es gilt also:

Eine umfassende Nutzung von Social Media in Unternehmen ist der Punkt, an dem Unternehmens- und individuelle Ziele konvergieren können!

Unternehmen haben ein Interesse an gut vernetzten Expert/innen, die für andere als Wissensträger sichtbar sind und sich im Modus der Selbstorganisation die jeweils benötigten SpezialistInnen suchen, um gemeinsam Probleme zu lösen, die einen wertschöpfenden Beitrag für das Unternehmen leisten.

Mitarbeiter/innen haben Interesse daran, sich in Unternehmen zu vernetzen und in diesem Netzwerk ihr Wissen und Können sichtbar zu machen, derartig Reputation aufzubauen, Sozialkapital zu akkumulieren und letztlich … voranzukommen.

Ich stellte mir also die Frage:

Sehen Mitarbeiter dieses Potential? Ist es für sie ggf. ein Motiv zur Nutzung von Social Media?

… die Antwort auf diese Frage gibt es anhand meiner erhobenen Daten im 2. Teil.

 

Literatur:

Bader, Johannes; Heck, Sascha; Pflaum, Bennet; Schröder, Ronny; Werner, Tobias; Westhauser, Bastian; Koch, Michael; Richter, Alexander: Ergebnisse des Studienprojektes: Der Einsatz von Social Networking Services im Unternehmenskontext. http://www.kooperationssysteme.de/wp-content/uploads/technischer-bericht_2008-3.pdf, vom September 2008, letzter Zugriff: 22.03.2013

DiMicco, Joan; Geyer, Werner; Dungan, Casey: Understanding the Benefits of Social Networking within the Workplace. In: IBM Technical Reports, 09-13, 2009,

Ehrlich, Kate; Lin, Ching-Yun; Griffiths-Fisher, Vicky: Searching for Experts in the Enterprise: Combining Text and Social network Analysis. In: 2007, http://delivery.acm.org/10.1145/1320000/1316642/p117-ehrlich.pdf?key1=1316642&key2=7785698821&coll=DL&dl=ACM&CFID=109096280&CFTOKEN=96011352

Ellison, Nicole B.; Steinfield, Charles; Lampe, Cliff: The Benefits of Facebook „Friends:“ Social Capital and College Students‘ Use of Online Social Network Sites. In: Journal of Computer Mediated Communication 12, 2007, S. 1143-1168

Farrell, Stephen; Lau, Tessa: Fringe Contacts: People-Tagging for the Enterprise. In: IBM Research Repots RJ10384, 2006, S.

IBM: Beehive – allowing employees to create social and personal connections. http://www-01.ibm.com/software/ucd/gallery/beehive_research.html, vom 01.10.2008, letzter Zugriff: 17.03.2013

IBM: Unlock the business intelligence of your social network. http://smallblue.research.ibm.com/, vom 25.01.2011, letzter Zugriff: 19.03.2013

Lin, N.: Social networks and status attainment. In: Annual Review f Sociology 25, 1999, S. 467-487

Lin, Nan: Social Capital. A Theory of Social Structure and Action. Cambridge 2001

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Steinfield, Charles; DiMicco, Joan M.; Ellison, Nicole B.; Lampe, Cliff: Bowling Online: Social Networking and Social Capital within the Organization. In: C&T June 25-27, 2009, S.

Steinfield, C. Ellison, N. B.; Lampe, C. (2008): Social capital, self-esteem, and use of online social network sites: A longitudinal analysis. Journal of Applied Developmental Psychology 29 (2008) 434–445, https://www.msu.edu/~nellison/Steinfield_Ellison_Lampe(2008).pdf

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Das Telekom People Network – ein positiver Blick auf vorhandene Potentiale

Social Media in Unternehmen lässt sich als Teil eines modernen Wissensmanagements nutzen. Erfolgsvoraussetzung für einen solchen Ansatz ist jedoch (u.a.) eine etablierte Kultur des Teilens, eine Integration von Social Media in die tägliche Arbeit und nicht zuletzt Nutzungsanreize für die Belegschaft.  Am Beispiel meiner Untersuchungsdaten zum Telekom People Network möchte ich zeigen, dass ein modernes Wissensmanagement mit Social Media auf diese Weise funktionieren kann — wenn Social Media von vielen und häufig genutzt wird. Dabei scheint eine positive Einstellung zum Teilen von Wissen die Nutzung von Social Networks zu befördern – und die Nutzungserfahrung wiederum die positive Einstellung zu bestätigen.

Auf die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einsatz von Social Media in Unternehmen bin ich bereits in meinen letzten Beiträgen näher eingegangen. Am Beispiel meiner Daten zur Deutschen Telekom habe ich weiterhin die suboptimale Nutzung des Telekom People Networks aufgezeigt und diese auf mangelnde Wertschätzung und Nutzung seitens der Führungskräfte zurückgeführt.

In diesem Beitrag jedoch möchte ich mich nicht dem widmen, was nicht genutzt wird, sondern einen positiven Blick einnehmen auf diejenigen Nutzerinnen und Nutzer, die das Telekom People Network häufiger nutzen als ihre Kolleginnen und Kollegen.

Dabei verweise ich im Folgenden auf statistisch signifikante Korrelationen zwischen verschiedenen Variablen bzw. auf Zusammenhänge im Antwortverhalten der Befragten. Sprich, ich habe mir nicht nur angeschaut: „Wer antwortet wie?“ sondern vielmehr: „Antworten die, die hier so antworten vielleicht an anderer Stelle überzufällig oft so?“ Um herauszufinden, ob die gefundenen Auffälligkeiten den Gesetzen der Statistik zufolge zufällig sind oder nicht, habe ich entsprechende Rechenverfahren angewendet, die mir selbst bei meiner relativ kleinen Stichprobe von insgesamt 94 Befragten diesbezüglich Auskunft geben.[ref] Wenn man herausfinden möchte, ob ein nicht durch Zufall erklärbarer Zusammenhang zwischen dem Antwortverhalten bei zwei Variablen besteht, unterzieht man diese Variablen einem Unabhängigkeitstest. Ich habe mich dem Exakten Test nach Fisher bedient, der angibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Antwortverhalten bei zwei Variablen voneinander abhängig ist und nicht durch Zufall erklärt werden kann. Ab einer Wahrscheinlichkeit von 95% – bzw. bei einer Fehlerwahrscheinlichkeit von <5% spricht man davon, dass ein Zusammenhang signifikant ist. Die im Folgenden genannten Zusammenhänge sind alle in diesem Sinne signifikant.[/ref]

Nutzung des Telekom People Networks

Von den 94 Personen, die meinen Fragebogen (ganz oder teilweise) ausgefüllt haben, antworteten 88 auf die Frage nach dem Telekom People Network. 55 davon gaben an, sie nutzten das Telekom People Network – das entspricht 63%.

TPN Nutzung

Nun macht es jedoch einen Unterschied, ob ich etwas täglich oder nur alle paar Wochen nutze, demzufolge habe ich auch die Nutzungshäufigkeit abgefragt.

TPN Nutzungshäufigkeit

Das Ergebnis zeigt: Die meisten Befragten nutzen das Social Network der Telekom nur alle paar Wochen – oder noch seltener. Eine tägliche oder wöchentliche Nutzung, die auf eine Integration des Tools in persönliche Arbeitsprozesse schließen ließe, gibt nur eine Minderheit an.

Aber …

Die Nutzung von Social Networks im Unternehmen steigt mit dem wahrgenommenen Mehrwert für die tägliche Arbeit

Diejenigen jedoch, die das Tool häufig nutzen, scheinen für ihre tägliche Arbeit durchaus einen Nutzen daraus zu ziehen, denn sie geben signifikant häufiger an, das Telekom People Network sei für sie ein Arbeitsmittel.

Fraglich bleibt an dieser Stelle, ob die Vielnutzer per se im Social Network ein Arbeitsmittel sehen und es deswegen häufiger nutzen als andere – oder ob sie erst durch ihre häufige Nutzung des Social Networks einen Mehrwert für ihre persönliche Arbeit erschließen konnten und das Telekom People Network daher nun als Arbeitsmittel betrachten.

Festzuhalten bleibt: Es gibt einen positiven, signifikanten Zusammenhang zwischen der Nutzungshäufigkeit und der Wahrnehmung des Social Networks als Arbeitsmittel.

Der Mehrwert eines Social Network im Unternehmen für die tägliche Arbeit steigt mit der Anzahl an Nutzern aus dem direkten Arbeitsumfeld

Social Networks sind ein Instrument zur Unterstützung kollaborativer Arbeitsformen. Demzufolge fällt der Nutzen eines Social Networks als Arbeitsmittel umso höher aus, je mehr Kollegen es nutzen.

Mich interessierte also die Einschätzung der Befragten, wer außer ihnen selbst das Social Network nutzt. Anschließend prüfte ich, ob es einen Zusammenhang zwischen eigener Nutzung und der durch andere gibt.

Und tatsächlich: Die Befragten die angaben, ihre Kollegen aus der Abteilung bzw. gemeinsamen Projekten nutzten das Telekom People Network, nutzen selbst auch überzufällig oft das TPN bzw. nutzen es selbst besonders häufig. Dabei können meine Daten zwar nicht belegen, dass die entsprechenden Personen das Social Network besonders intensiv nutzen, weil ihre Kolleginnen und Kollegen dort vertreten sind, eine zulässige Interpretation wäre es m.E. dennoch. Denn je mehr Personen Social Media nutzen, desto höher fällt der individuelle Mehrwert der Tools für die Einzelnen aus.

Die Vernetzung im SNS erfolgt hauptsächlich mit bekannten Personen – und orientiert sich damit am Mehrwert für die eigene Arbeit

Von Social Networks außerhalb von Unternehmen wie bspw. facebook weiß man seit Längerem, dass die Vernetzung hier hauptsächlich mit Personen erfolgt, die bereits aus Offline-Kontexten bekannt sind – und weniger mit vormals unbekannten Personen.[ref] Lampe, Cliff; Ellison, Nicole; Steinfield, Charles: A face(book) in the Crowd: Social Searching vs. Social Browsing. In: Computer Supported Cooperative Work (CSCW) – The Journal of Collaborative Computing and Work Practices November 4-8, 2006, https://www.msu.edu/~nellison/lampe_et_al_2006.pdf

Stern, Lesa A.; Taylor, Kim: Social Networking on Facebook. In: Journal of the Communication, Speech & Theatre Association of North Dakota 20, 2009, S. 9-20[/ref]

Der Grund für dieses Vernetzungsverhalten bei facebook kann darin gesehen werden, dass man bestehende Beziehungen aufrechterhalten bzw. diese intensivieren möchte.

Ähnlich scheint es sich auch in Unternehmen zu verhalten – allerdings unter den Vorzeichen einer auf kollaborative Arbeit ausgerichteten Nutzung: So gaben die meisten von mir Befragten an, sich primär mit solchen Personen vernetzen, die wichtig für ihre Arbeit sind. Dies betrifft dann konsequenterweise insbesondere solche Personen, die man bereits aus dem persönlichen Arbeitsumfeld kennt und um deren Fachwissen bzw. Kompetenz man weiß.

TPN Vernetzung

Auch dies ist wiederum ein Indiz für das Potential eines unternehmensinternen Social Networks als Arbeitsmittel, das Personen wie auch Inhalte vernetzt – und damit Element eines modernen Wissensmanagements ist.

Wer suchet, der findet.

In einem meiner vergangenen Beiträge habe ich bereits darauf hingewiesen, dass das Telekom People Network zwar von relativ vielen Nutzern zur Expertensuche genutzt wurde, jedoch vergleichsweise selten durch diese Suche auch tatsächlich Experten gefunden wurden. Ich führte das auf die geringen Nutzerzahlen – und damit auf die wenigen vorhandenen Experten zurück.

Meine genauere Analyse zeigt nun jedoch: Das Potential für eine erfolgreiche Expertensuche ist  trotz geringer Nutzerzahl vorhanden!

Denn:

  1. Die Personen, die das Telekom People Network besonders häufig nutzen, geben überdurchschnittlich oft an, hier auch nach Experten zu suchen.
  2. Die Personen, die das Telekom People Network besonders häufig nutzen, finden auch überdurchschnittlich häufig Experten im TPN.

Die Nutzung von Social Networks im Unternehmen steht in Zusammenhang mit der Einstellung zum Teilen von Wissen

Immer wieder wird darauf verwiesen, dass der erfolgreiche Einsatz Social Media in Unternehmen und eine etablierte Kultur des Teilens von Wissen untrennbar miteinander verknüpft sind. Ob nun die entsprechende Kultur eine Voraussetzung für einen Erfolg von Social Media angesehen wird, ob andersherum von einer Kulturveränderung durch die Einführung von Social Software ausgegangen wird – oder ob man vielmehr eine vermittelnde Position einnimmt, wie ich es an dieser Stelle tun möchte, … Tatsache ist: Social Media lebt von geteilten Inhalten!

Die Mehrzahl der von mir Befragten Telekom-Mitarbeiter hat eine durchweg positive Einstellung zum Teilen von Wissen. Wer Wissen teilt, erhält Reputation, wird als Experte anerkannt und steigert seinen Wert für das Unternehmen – so die Meinung der Befragten.

Wer Wissen teilt

 

Zwar glauben die Wenigsten daran, dies so gewonnene Reputation führe zu einem schnelleren Aufstieg im Unternehmen – umgekehrt glauben aber auch nur Wenige, man würde aufgrund geteilten Wissens ausgenutzt und mache sich ggf. ersetzbar.

Offenbar sehen sich jedoch gerade die Vielnutzer des Social Networks durch ihre häufige Nutzung in ihrem Positiv-Urteil bestätigt: So sind die Personen, die das Telekom People Network besonders häufig nutzen, auch überdurchschnittlich häufig der Meinung, wer Wissen teilt, würde als Experte anerkannt. Möglicherweise erfahren diejenigen, die das People Network häufig nutzen und dabei Inhalte teilen, auch häufiger als andere, dass durch diese Praxis der eigene Expertenstatus steigt und anerkannt wird.

Fazit

Social Networks in Unternehmen machen Experten und die durch sie geteilten Inhalte sichtbar und für andere zugänglich. Damit tragen sie zum Wissensmanagement bei und können hilfreich dabei sein, tägliche Arbeitsprozesse zu bewältigen. Social Networks in Unternehmen sind Arbeits- und Kommunikationsmittel, die ihre ganz spezifischen Potentiale besitzen und die es mit anderen sozialen Tools zu verknüpfen gilt.

Dabei kann eine positive Einstellung zum Teilen von Wissen und bzgl. des generellen Nutzens von Social Networks dazu beitragen, dass diese auch genutzt werden. Gleichzeitig wirkt eine positive Nutzungserfahrung auf die Einstellung ggü. Social Networks zurück. Je mehr Mitarbeiter ein Social Network nutzen, desto größer wird der Mehrwert, den es als Arbeitsmittel generieren kann. Je mehr der oder die Einzelne teilt, desto größer der Reputationsgewinn. Je mehr Kolleginnen und Kollegen im direkten Umfeld ein Social Network nutzen, desto eher wird man es auch selbst ausprobieren – und durch die Nutzung einen Nutzen erfahren.

Es gilt also, Überzeugungsarbeit zu leisten, Wertschätzung zu zeigen und Social Media vorzuleben … nur so lässt sich die notwendige kritische Masse erreichen, damit Social Media irgendwann zum Selbstläufer wird.

 

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