Social Media in Unternehmen lässt sich als Teil eines modernen Wissensmanagements nutzen. Erfolgsvoraussetzung für einen solchen Ansatz ist jedoch (u.a.) eine etablierte Kultur des Teilens, eine Integration von Social Media in die tägliche Arbeit und nicht zuletzt Nutzungsanreize für die Belegschaft. Am Beispiel meiner Untersuchungsdaten zum Telekom People Network möchte ich zeigen, dass ein modernes Wissensmanagement mit Social Media auf diese Weise funktionieren kann — wenn Social Media von vielen und häufig genutzt wird. Dabei scheint eine positive Einstellung zum Teilen von Wissen die Nutzung von Social Networks zu befördern – und die Nutzungserfahrung wiederum die positive Einstellung zu bestätigen.
Auf die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einsatz von Social Media in Unternehmen bin ich bereits in meinen letzten Beiträgen näher eingegangen. Am Beispiel meiner Daten zur Deutschen Telekom habe ich weiterhin die suboptimale Nutzung des Telekom People Networks aufgezeigt und diese auf mangelnde Wertschätzung und Nutzung seitens der Führungskräfte zurückgeführt.
In diesem Beitrag jedoch möchte ich mich nicht dem widmen, was nicht genutzt wird, sondern einen positiven Blick einnehmen auf diejenigen Nutzerinnen und Nutzer, die das Telekom People Network häufiger nutzen als ihre Kolleginnen und Kollegen.
Dabei verweise ich im Folgenden auf statistisch signifikante Korrelationen zwischen verschiedenen Variablen bzw. auf Zusammenhänge im Antwortverhalten der Befragten. Sprich, ich habe mir nicht nur angeschaut: „Wer antwortet wie?“ sondern vielmehr: „Antworten die, die hier so antworten vielleicht an anderer Stelle überzufällig oft so?“ Um herauszufinden, ob die gefundenen Auffälligkeiten den Gesetzen der Statistik zufolge zufällig sind oder nicht, habe ich entsprechende Rechenverfahren angewendet, die mir selbst bei meiner relativ kleinen Stichprobe von insgesamt 94 Befragten diesbezüglich Auskunft geben.[ref] Wenn man herausfinden möchte, ob ein nicht durch Zufall erklärbarer Zusammenhang zwischen dem Antwortverhalten bei zwei Variablen besteht, unterzieht man diese Variablen einem Unabhängigkeitstest. Ich habe mich dem Exakten Test nach Fisher bedient, der angibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Antwortverhalten bei zwei Variablen voneinander abhängig ist und nicht durch Zufall erklärt werden kann. Ab einer Wahrscheinlichkeit von 95% – bzw. bei einer Fehlerwahrscheinlichkeit von <5% spricht man davon, dass ein Zusammenhang signifikant ist. Die im Folgenden genannten Zusammenhänge sind alle in diesem Sinne signifikant.[/ref]
Nutzung des Telekom People Networks
Von den 94 Personen, die meinen Fragebogen (ganz oder teilweise) ausgefüllt haben, antworteten 88 auf die Frage nach dem Telekom People Network. 55 davon gaben an, sie nutzten das Telekom People Network – das entspricht 63%.
Nun macht es jedoch einen Unterschied, ob ich etwas täglich oder nur alle paar Wochen nutze, demzufolge habe ich auch die Nutzungshäufigkeit abgefragt.
Das Ergebnis zeigt: Die meisten Befragten nutzen das Social Network der Telekom nur alle paar Wochen – oder noch seltener. Eine tägliche oder wöchentliche Nutzung, die auf eine Integration des Tools in persönliche Arbeitsprozesse schließen ließe, gibt nur eine Minderheit an.
Aber …
Die Nutzung von Social Networks im Unternehmen steigt mit dem wahrgenommenen Mehrwert für die tägliche Arbeit
Diejenigen jedoch, die das Tool häufig nutzen, scheinen für ihre tägliche Arbeit durchaus einen Nutzen daraus zu ziehen, denn sie geben signifikant häufiger an, das Telekom People Network sei für sie ein Arbeitsmittel.
Fraglich bleibt an dieser Stelle, ob die Vielnutzer per se im Social Network ein Arbeitsmittel sehen und es deswegen häufiger nutzen als andere – oder ob sie erst durch ihre häufige Nutzung des Social Networks einen Mehrwert für ihre persönliche Arbeit erschließen konnten und das Telekom People Network daher nun als Arbeitsmittel betrachten.
Festzuhalten bleibt: Es gibt einen positiven, signifikanten Zusammenhang zwischen der Nutzungshäufigkeit und der Wahrnehmung des Social Networks als Arbeitsmittel.
Der Mehrwert eines Social Network im Unternehmen für die tägliche Arbeit steigt mit der Anzahl an Nutzern aus dem direkten Arbeitsumfeld
Social Networks sind ein Instrument zur Unterstützung kollaborativer Arbeitsformen. Demzufolge fällt der Nutzen eines Social Networks als Arbeitsmittel umso höher aus, je mehr Kollegen es nutzen.
Mich interessierte also die Einschätzung der Befragten, wer außer ihnen selbst das Social Network nutzt. Anschließend prüfte ich, ob es einen Zusammenhang zwischen eigener Nutzung und der durch andere gibt.
Und tatsächlich: Die Befragten die angaben, ihre Kollegen aus der Abteilung bzw. gemeinsamen Projekten nutzten das Telekom People Network, nutzen selbst auch überzufällig oft das TPN bzw. nutzen es selbst besonders häufig. Dabei können meine Daten zwar nicht belegen, dass die entsprechenden Personen das Social Network besonders intensiv nutzen, weil ihre Kolleginnen und Kollegen dort vertreten sind, eine zulässige Interpretation wäre es m.E. dennoch. Denn je mehr Personen Social Media nutzen, desto höher fällt der individuelle Mehrwert der Tools für die Einzelnen aus.
Die Vernetzung im SNS erfolgt hauptsächlich mit bekannten Personen – und orientiert sich damit am Mehrwert für die eigene Arbeit
Von Social Networks außerhalb von Unternehmen wie bspw. facebook weiß man seit Längerem, dass die Vernetzung hier hauptsächlich mit Personen erfolgt, die bereits aus Offline-Kontexten bekannt sind – und weniger mit vormals unbekannten Personen.[ref] Lampe, Cliff; Ellison, Nicole; Steinfield, Charles: A face(book) in the Crowd: Social Searching vs. Social Browsing. In: Computer Supported Cooperative Work (CSCW) – The Journal of Collaborative Computing and Work Practices November 4-8, 2006, https://www.msu.edu/~nellison/lampe_et_al_2006.pdf
Stern, Lesa A.; Taylor, Kim: Social Networking on Facebook. In: Journal of the Communication, Speech & Theatre Association of North Dakota 20, 2009, S. 9-20[/ref]
Der Grund für dieses Vernetzungsverhalten bei facebook kann darin gesehen werden, dass man bestehende Beziehungen aufrechterhalten bzw. diese intensivieren möchte.
Ähnlich scheint es sich auch in Unternehmen zu verhalten – allerdings unter den Vorzeichen einer auf kollaborative Arbeit ausgerichteten Nutzung: So gaben die meisten von mir Befragten an, sich primär mit solchen Personen vernetzen, die wichtig für ihre Arbeit sind. Dies betrifft dann konsequenterweise insbesondere solche Personen, die man bereits aus dem persönlichen Arbeitsumfeld kennt und um deren Fachwissen bzw. Kompetenz man weiß.
Auch dies ist wiederum ein Indiz für das Potential eines unternehmensinternen Social Networks als Arbeitsmittel, das Personen wie auch Inhalte vernetzt – und damit Element eines modernen Wissensmanagements ist.
Wer suchet, der findet.
In einem meiner vergangenen Beiträge habe ich bereits darauf hingewiesen, dass das Telekom People Network zwar von relativ vielen Nutzern zur Expertensuche genutzt wurde, jedoch vergleichsweise selten durch diese Suche auch tatsächlich Experten gefunden wurden. Ich führte das auf die geringen Nutzerzahlen – und damit auf die wenigen vorhandenen Experten zurück.
Meine genauere Analyse zeigt nun jedoch: Das Potential für eine erfolgreiche Expertensuche ist trotz geringer Nutzerzahl vorhanden!
Denn:
- Die Personen, die das Telekom People Network besonders häufig nutzen, geben überdurchschnittlich oft an, hier auch nach Experten zu suchen.
- Die Personen, die das Telekom People Network besonders häufig nutzen, finden auch überdurchschnittlich häufig Experten im TPN.
Die Nutzung von Social Networks im Unternehmen steht in Zusammenhang mit der Einstellung zum Teilen von Wissen
Immer wieder wird darauf verwiesen, dass der erfolgreiche Einsatz Social Media in Unternehmen und eine etablierte Kultur des Teilens von Wissen untrennbar miteinander verknüpft sind. Ob nun die entsprechende Kultur eine Voraussetzung für einen Erfolg von Social Media angesehen wird, ob andersherum von einer Kulturveränderung durch die Einführung von Social Software ausgegangen wird – oder ob man vielmehr eine vermittelnde Position einnimmt, wie ich es an dieser Stelle tun möchte, … Tatsache ist: Social Media lebt von geteilten Inhalten!
Die Mehrzahl der von mir Befragten Telekom-Mitarbeiter hat eine durchweg positive Einstellung zum Teilen von Wissen. Wer Wissen teilt, erhält Reputation, wird als Experte anerkannt und steigert seinen Wert für das Unternehmen – so die Meinung der Befragten.
Zwar glauben die Wenigsten daran, dies so gewonnene Reputation führe zu einem schnelleren Aufstieg im Unternehmen – umgekehrt glauben aber auch nur Wenige, man würde aufgrund geteilten Wissens ausgenutzt und mache sich ggf. ersetzbar.
Offenbar sehen sich jedoch gerade die Vielnutzer des Social Networks durch ihre häufige Nutzung in ihrem Positiv-Urteil bestätigt: So sind die Personen, die das Telekom People Network besonders häufig nutzen, auch überdurchschnittlich häufig der Meinung, wer Wissen teilt, würde als Experte anerkannt. Möglicherweise erfahren diejenigen, die das People Network häufig nutzen und dabei Inhalte teilen, auch häufiger als andere, dass durch diese Praxis der eigene Expertenstatus steigt und anerkannt wird.
Fazit
Social Networks in Unternehmen machen Experten und die durch sie geteilten Inhalte sichtbar und für andere zugänglich. Damit tragen sie zum Wissensmanagement bei und können hilfreich dabei sein, tägliche Arbeitsprozesse zu bewältigen. Social Networks in Unternehmen sind Arbeits- und Kommunikationsmittel, die ihre ganz spezifischen Potentiale besitzen und die es mit anderen sozialen Tools zu verknüpfen gilt.
Dabei kann eine positive Einstellung zum Teilen von Wissen und bzgl. des generellen Nutzens von Social Networks dazu beitragen, dass diese auch genutzt werden. Gleichzeitig wirkt eine positive Nutzungserfahrung auf die Einstellung ggü. Social Networks zurück. Je mehr Mitarbeiter ein Social Network nutzen, desto größer wird der Mehrwert, den es als Arbeitsmittel generieren kann. Je mehr der oder die Einzelne teilt, desto größer der Reputationsgewinn. Je mehr Kolleginnen und Kollegen im direkten Umfeld ein Social Network nutzen, desto eher wird man es auch selbst ausprobieren – und durch die Nutzung einen Nutzen erfahren.
Es gilt also, Überzeugungsarbeit zu leisten, Wertschätzung zu zeigen und Social Media vorzuleben … nur so lässt sich die notwendige kritische Masse erreichen, damit Social Media irgendwann zum Selbstläufer wird.