Bluetooth Kopfhörer – Vergleich Sennheiser MM 550-X, Sony MDR1RBT, Bose AE2w

Mein diesjähriges Weihnachtsgeschenk an mich selbst sollte ein kabelloses Headset sein. Im Folgenden vergleiche ich drei Bluetooth-Headsets der oberen Preisklasse und komme zum Schluss, dass mich keines der drei Modelle zu 100% zufriedenstellt. Vorher lasse ich mich zu meinen Beweggründen sowie zum technischen Hintergrund aus. Wen das nicht interessiert, der möge scrollen.

Kabellos – zu Hause und unterwegs

Ich bin beruflich viel mit dem Zug unterwegs, höre dabei gerne Musik oder schaue einen Film auf dem Laptop (aktuell ein Lenovo T430u) und möchte gleichzeitig telefonisch erreichbar sein, ohne umstöpseln zu müssen. Auch zu Hause stehen laute Musik, die keinen stören soll, Filme und telefonische Erreichbarkeit mit einem Gerät und ohne Kabel im Vordergrund. Die einzige drahtlose Übertragungstechnik, die mir das  unabhängig von einer Infrastruktur (wie z.B. WLAN) erlaubt, ist Bluetooth.

Mein Bewertungshintergrund

Ich bin nicht hochgradig audiophil, kann aber trotz Schlagzeuger-Ohren noch einen guten Sound von einem schlechten unterschieden. Ich weiß, wie das menschliche Gehör arbeitet und wie MP3 und andere Codecs funktionieren (wen das interessiert, der lese z.B. hier). Ich höre keine Klassik, sondern sowohl gitarrenlastige Musik wie Punkrock und Heavy Metal als auch fette HipHop-Beats, die einen satten Bass vertragen (das aktuelle Album von Sido kann ich nicht nur als Kopfhörertestmusik empfehlen).

Bluetooth – was kann das?

Es gibt viele Artikel im Netz, die unvollständige oder z.T. sogar falsche Informationen über die Fähigkeiten von Bluetooth wiedergeben. Der Wikipedia-Artikel gibt einen guten Überblick, reichte mir jedoch nicht aus. Also überflog ich zusätzlich die Spezifikationen von Bluetooth 4.0, bereitgestellt von der Bluetooth Special Interest Group (aktuelle Version ist 4.1).

Die für mich relevante Information: Das oft als unzureichend für qualitativ hochwertige Musikwiedergabe gebrandmarkte Bluetooth ist zumindest theoretisch in der Lage, ausreichend Daten für die Wiedergabe von CD-Qualität zu transportieren. Seit der Version 2.0 mit EDR (Enhanced Data Rate) ist eine Übertragung von bis zu 2,1 MBit möglich. Nehmen wir eine CD mit eine Sampling-Rate von 44 kHz in 16 Bit stereo kommen wir auf 44.000*16*2=1.408.000, also rund 1,4 MBit. Passt.

Das ist nicht die ganze Wahrheit! A2DP, SBC, MP3, AAC und apt-x

Um die Mukke von PC, Smartphone oder Hifi-Anlage auf die Ohren zu werfen, kommt das Protokoll A2DP (Advanced Audio Distribution Profile) zum Einsatz. Dieses unterstützt standardmäßig den verlustbehafteten Audio-Codec SBC (max. 345 kBit/s), optional MP3 und AAC. Was da durch die Luft fliegt, hat also selbst bei einer qualitativ hochwertigen Quelle mit dem Ursprungssignal nicht mehr viel zu tun und ist bezüglich der Datenmenge/ Sekunde auf jeden Fall kleiner als die theoretisch möglichen 2,1 MBit.

Ob nun SBC, MP3 oder AAC zum Einsatz kommt, ist abhängig von den Fähigkeiten von Quelle und Sender. Da MP3 lizenzpflichtig ist und SBC nicht, wird meist SBC unterstützt. Bei einer MP3-Quelle erfolgt daher eine MP3-Dekodierung und anschließende SBC-Codierung, was zusätzliche Verluste mit sich bringt.

Zusätzlich bzw. alternativ existiert der apt-x Codec, der eine 16, 20 oder sogar 24-Bit Auflösung gewährleistet und dabei bis zu 1,28 MBit bei 6 Kanälen (5.1) unterstützt. Laut Hersteller (!) liefert apt-x selbst bei 56 kbit/s eine Qualität vergleichbar mit CD-Qualität. Naja …

Quellen im Test-Setting

Quelle sind in meinem Fall ein I-Phone 5 mit IOS 7.irgendwas bzw. der built-in Broadcom Bluetooth-Adapter meines Notebooks (s.o.). Der Bluetooth-Transmitter (B-Speech RTX-1) für mein Hifi-Setting ist noch unterwegs, kam also nicht zum Einsatz.

Das iPhone unterstützt ab Betriebssystemversion iOS 3.0 A2DP mit AAC und SBC aber nicht MP3 und auch kein apt-x. Mein iTunes-Match MP3-Content wird also in SBC gewandelt.

Windows 7 unterstützt von Hause aus kein A2DP und kein apt-x.

Ich war trotz Bluetooth Diagnostic und System Information Viewer nicht in der Lage, herauszufinden, was mein Broadcom Bluetooth 4.0 Chip Version 0x220E kann. Ich weiß also nicht, ob ich ggf. bei der Filmwiedergabe AAC oder SBC auf den Ohren hatte.

Das Datenblatt des nicht getesteten B-Speech RTX-1 verrät mir nur, dass es A2DP kann und verspricht dem Kunden eine Wiedergabe von MP3-Quellen – aber kann er MP3 ohne SBC-Wandlung ? Und was ist mit AAC?

In meinen Test gingen also einige Unbekannte ein!

Die Kopfhörer

Bestellt hatte ich mir: Sennheiser MM 550-X, Sony MDR1RBT und Bose AE2w.

Die Geräte sind allesamt mit einem Mikrophon ausgestattet und somit als Headset zum Telefonieren brauchbar. Allerdings war die Sprachqualität bei keinem der Geräte wirklich überzeugend. Doch das stand für mich nicht im Vordergrund.

Preis

Die Kopfhörer lagen bei Amazon alle um die 250 Euro, auch wenn sie auf den Herstellerseiten teilweise viel teurer sind: Sennheiser bietet den MM 550-X für absurde 399 € an. Sony ruft noch happige 349 € für den MDR 1 RBT auf. Einzig Bose bleibt mit 249 € auf dem Teppich.

Das Wichtigste zuerst: Der Sound

Machen wir es kurz:

Der Sennheiser MM550-X ist klanglich für das Geld ein Witz! Viel zu höhenlastig und da nicht mal sauber! Aufgesetzt, gewundert, abgesetzt. Insofern sind die gebotenen apt-x und NoiseGard Perlen vor die Säue. Schade! Wenn man Sennheisers Preisangebot betrachtet, ist das kaum zu verstehen.

Der Bose AE2W liefert das ausgewogenste Klangbild. Satter und auch knackiger Bass, Mitten und Höhen ausgewogen. Die aktive Entzerrung im abnehmbaren Bluetooth-Modul optimiert angeblich zusätzlich den Frequenzgang. Das hört man sogar beim Vergleich mit dem Kabelbetrieb. Hier fällt doch glatt der Sound (minimal) ab. Die Jungs und Mädels bei Bose scheinen der Meinung zu sein, ihr Sound spräche für sich. Denn Angaben zu Frequenzbereich, Pegel oder gar Klirrfaktor fehlen völlig.

Der Sony MDR 1 RBT bringt ebenfalls einen fetten Bass – leider ist er im Höhenbereich nicht ganz so stark. Mein Referenzalbum 30-11-80 von Sido kommt richtig gut. Dennoch bleiben dem Sony, insbesondere wenn man die Preisklasse bedenkt, leichte Soundsschwächen zu attestieren. Warum Sony meint, einen Frequenzbereich von 4 Hz bis 80 kHz abdecken zu müssen, um dann aber gerade in den Höhen leicht zu schwächeln, verstehe ich nicht.

Kopfhörervergleich1

Optik und Tragekomfort

Der Bose AE2W überzeugt auch hier am stärksten. Mit seinen 150g und den angenehm sitzenden, gut isolierenden Hörmuscheln ist er in Sachen Tragekomfort echt kaum zu toppen. Dem insgesamt guten Design kommt leider das abnehmbare Bluetooth-Modul in die Quere. Das Ding sieht einfach richtig blöd aus und versaut den ziemlich schicken Gesamteindruck.

Der Sennheiser sitzt ok und ist ebenfalls leicht (179g). Das ist mir aber aufgrund des enttäuschenden Sounds egal. Das Ding ist raus!

Der Sony ist fast doppelt so schwer wie der Bose (297g), sitzt aber dennoch richtig gut. Bei längerem Tragen merkt man allerdings deutlich den Unterschied. Auch werden die Ohren dann wärmer als beim Bose. Optisch ist der Sony ein richtig dickes Ding im DJ-Style. Irgendwo cool – aber doch ganz schön dick. Für unterwegs dann vielleicht doch zu groß und schwer.

Bluetooth-Version und Leistungsklasse

Alle drei Geräte fallen in die Leistungsklasse 2, bieten also eine Reichweite von ca. 10m. Sowohl vom Notebook als auch vom iPhone funktioniert das auch im Nebenraum – hier wirds dann aber mitunter schonmal laggy. Dazu weiter unten mehr.

Der Bose hat mit Bluetooth 4.0 von allen dreien die neuste Version, gefolgt vom Sony mit 3.0 und dem Sennheiser mit 2.1. Da es – so wie ich das verstanden habe – aber ab Version 2.1 bei 2,1 MBit geblieben ist (high speed mit WLAN Unterstützung bei BT 4.0 mal unbeachtet) und es anscheinend eher auf das Protokoll (A2DP) bzw. den genutzten Codec ankommt (SBC, MP3 AAC, apt-x), können wir diesen Unterschied wohl vernachlässigen.

Alle drei Kopfhörer operieren mit A2DP und unterstützen damit SBC. Keiner der drei beherrscht AD2P mit MP3-Unterstützung. Bose und Sony können allerdings AAC. Dass der Sennheiser apt-x beherrscht, ist ob seines schwachen Klangbildes zu vernachlässigen.

Obschon also in allen Fällen meine 256kbit MP3s aus der Cloud in SBC umcodiert wurden, finde ich den Klang von Bose und Sony diesbezüglich gut.

Da ich nicht weiß, ob mein Broadcom-Bluetooth Chip im Notebook AAC kann und ich auf dem iPhone selten Filme mit AAC-Sound gucke, bringen mir die AAC-Fähigkeit des Bose und des Sony nur theoretisch Vorteile.

Kopfhörervergleich - BT

Das große Manko: I hate beeing laggy!

Bis hierhin hätte ich den BOSE AE2W behalten, obwohl mich dieses komische Bluetooth-Modul optisch so gar nicht anspricht. Geschmackssache.

Letztlich kann aber kein Gerät zu 100% überzeugen, denn sowohl beim Bose als auch beim Sony treten mitunter kleine Unterbrechungen auf! Das fiel insbesondere beim Film-Test auf dem Notebook auf (5.1 AAC mit unterschiedlichen Bitraten, ausgegeben auf Stereo-Gerät). Doch auch bei der Musik-Wiedergabe vom iPhone gab es hier und da einen kleinen Hacker.

Am stabilsten zeigte sich diesbzgl. noch der SONY, der meist auch dann noch flüssig blieb, wenn man die Hände an den Kopfhörer legte und so den Bluetooth-Empfang theoretisch störte. Das Bluetooth-Modul des BOSE AE2W hingegen mag das überhaupt nicht.

Ich kann nicht beurteilen, ob meine Wiedergabegeräte (iPhone bzw. ThinkPad) an den Aussetzern schuld sind oder aber die Kopfhörer. Es handelt sich bei den Quellen aber um relativ moderne und weit verbreitete Standardgeräte. Die Kombination aus hochpreisigem Bluetooth-Kopfhörer und modernem Smartphone bzw. Notebook sollte jedoch m.E. in der Lage sein, eine 100%ig flüssige Wiedergabe zu garantieren, wenn die Geräte schon weniger als 1m voneinander entfernt sind, wie es bei mir der Fall war. Auch, wenn die Lags in der Häufigkeit unterschiedlich waren – manchmal eine halbe Stunde flüssig, manchmal alle 2min oder bei einer Kopfbewegung. Ich will gar keine Lags! I hate beeing laggy!

Fazit

Schweren Herzens schicke ich alle drei Kopfhörer zurück. Mit einem nur 95%igen Sound kann ich leben, auch mit leichten ästhetischen Mängeln. Aber Aussetzer? Geht gar nicht – und wenn sie noch so klein sind. Schade! Mal sehen, was die nächste IFA bringt.

 

 

 

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6 Antworten zu Bluetooth Kopfhörer – Vergleich Sennheiser MM 550-X, Sony MDR1RBT, Bose AE2w

  1. lewis sagt:

    thx, very helpful!

  2. André sagt:

    Super Artikel. Stehe genau vor der gleichen Kauffrage und hab auch schon mich mit aptx beschäftigt. Deshalb die Frage: was ist nun im Jahr 2015 im Einsatz?

    VG,
    André

  3. Hi André,

    ich habe mir das Nachfolgemodell des Sony MDR1RBT gekauft, den MDR10RBT.
    Der ist leichter als das Vorgängermodell und kann apt-x. Das kommt mir zumindest bei der Verbindung mit meinem Multimedia-PC zugute, also beim Filme-gucken.
    (noch nicht gecheckt, obs das neue iPhone kann, ich gehe davon aus, dass es auf vielen Androids gehen müsste. Windows Treibersuche war damals nervig, läuft aber jetzt.)

    Ich bin mit dem Ding sehr zufrieden. Was die IFA gebracht hat, weiß ich nicht. Bin durchaus interessiert an Erfahrungswerten anderer.
    Grüße
    Alexander

  4. Azzurro sagt:

    Den Bose AE2w nutze ich nun schon einige Jahre. Obwohl er schön etwas älter ist funktioniert er noch tadellos und kann meiner Meinung nach noch locker mit den neueren Modellen mithalten. Klasse Kopfhörer.
    Beste Grüße

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