Dies ist Teil 2 – zu Teil 1 geht es hier.
Antworten
Will man Social Software im Unternehmen als Instrument eines zeitgemäßen Wissensmanagements etablieren, so muss man den Beschäftigten auch Anreize schaffen, Social Software entsprechend zu nutzen. Dabei kommt allerdings als Motiv nicht nur der rein praktische Mehrwert eines verbesserten Zugangs zu unternehmensinternem Wissen und Experten im Sinne einer Arbeitserleichterung infrage, sondern auch der Reputationsgewinn, der sich im Optimalfall in potentiell karrierebedeutsamer Sichtbarkeit niederschlagen kann, so z.B. in Anschlussmöglichkeiten für neue Projekte.
Damit die Darstellung der eigenen Person als kompetenter Experte allerdings zu einem Motiv für Social Media Nutzung werden kann, ist ein Publikum notwendig, das a) zugegen und b) in der Lage ist, die Person hinter den Inhalten zu identifizieren.[1]
Zu 1.
Bezüglich meiner ersten Frage (siehe Teil 1 dieses Beitrags) gilt es demzufolge zu überlegen, inwieweit Wikis tatsächlich das optimale Werkzeug sind, um Sichtbarkeit bei einem relevanten Publikum herzustellen. Offenbar sind Wikis (allein) trotz Anwesenheit eines Publikums dazu nur bedingt in der Lage. Primär sind sie nämlich dazu geeignet, Inhalte, also Wissen zu dokumentieren, das sich gewissermaßen von der konkreten Person ablösen lässt. Personengebundenes Wissen aber erschließt sich erst über Vernetzung und Kommunikation von Personen.
Dies ist zwar – wie man anhand der Daten sehen konnte – über die internen Wikis der Telekom nicht ausgeschlossen, steht hier allerdings weniger im Vordergrund. Vernetzung und Kommunikation finden grundsätzlich eher „in den Randbereichen“ von Wikis statt.[2] Das leuchtet insofern ein, als wesentliche Anknüpfungspunkte für Kommunikation und Networking in den persönlichen Informationen anderer Nutzer zu sehen sind, die diese in ihre Profile einpflegen. In Wikis allerdings sind diese Profile bei weitem nicht so zentral wie in SNS, wenn es denn überhaupt welche gibt.
So haben auch 43% der Befragten bei der Telekom gar kein Profil im Wiki-Bereich angelegt und ein weiteres Viertel gibt an, die hier gegebenen Informationen seien weniger umfangreich als die in ihrem Profil im People Network.
Wikis können demnach ein hervorragendes Instrument des Wissensmanagements abgeben, das eine für alle offene und zu ergänzende Informationsquelle darstellt. Sie lassen sich darüber hinaus auch durch Tools anreichern, die kollaboratives Arbeiten unterstützen, wie es bei der Telekom der Fall ist. Die Potentiale von Wikis für ein Wissensmanagement, das auf Vernetzung und Kommunikation beruht, sind jedoch begrenzt. Denn ein solches Wissensmanagement bezieht neben den Inhalten die Personen, die Wissensträger stärker mit ein. Es bietet ihnen eine Bühne, auf der sie sich und ihre Kompetenz sichtbar darstellen können, um auf diese Weise auch als Experte identifizierbar zu sein. In Wikis allerdings besteht immer die Gefahr, dass die Autoren „hinter dem Text“ verschwinden.[3]
Eine Möglichkeit, dieses Manko von Wikis zu kompensieren, liegt in der konsequenten Verknüpfung mit anderen Social Media Diensten wie eben Social Networks, die ein ideales Bindeglied zu anderen sozialen Medien innerhalb des Unternehmens darstellen.[4] Durch die Verknüpfung von Wikis mit SNS können die hinter Inhalten stehenden Personen weit stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken, als dies in Wikis allein möglich ist.
Zu 2.
In Bezug auf das People Network scheint das notwendige Publikum nicht in ausreichendem Maße vorhanden zu sein, das einer größeren Zahl an Mitarbeitern einen Anreiz verschaffen könnte, sich hier als Expertin zu exponieren. Es mangelt also schlicht an Nutzerinnen. Aber warum?
Hier sind gleich mehrere mögliche Gründe zu nennen:
Erstens wurde seitens der Interviewpartner mehrfach die mangelnde Verknüpfung des People Network mit den anderen Diensten – wie eben der Wikis – bemängelt. Sich auf unterschiedlichen Plattformen anmelden zu müssen ist nervig. Und wer macht sich schon die Mühe, bei einem interessanten Wiki Eintrag, die Autorin im People Network zu suchen? Einfacher wäre es, schlich einen Namen anzuklicken und auf dem entsprechenden Profil zu landen. Diese technische Hürde wurde im Rahmen des Relaunch des Telekom internen SNS mittlerweile beseitigt.
Es gibt jedoch m.E. weit schwerwiegende Gründe dafür, dass das People Network nur unzureichend genutzt wird und die liegen in sozialen bzw. kulturellen Faktoren:
a) Meine Daten zeigen: Viel zu wenige Führungskräfte, zentrale Abteilungen wie HR und direkte Vorgesetzte nutzen das People Network. Zwar lässt die Beteiligung dieser Personengruppen auch bei den Wikis zu wünschen übrig, diese sind aber ein Arbeitsmittel und kein Mittel zur Selbstdarstellung – so die Befragten. Arbeiten kann ich im schlimmsten (oder im besten?) Fall auch ohne meine Vorgesetzten. Wenn es jedoch darum geht, mich als Experte sichtbar zu machen, dann ist mir die Aufmerksamkeit der o.g. Personengruppen doch durchaus ein Anliegen!
b) Während zwei Drittel der Befragten der Ansicht sind, die Zeit, die sie mit Wikis verbringen, würde als Arbeit anerkannt, sind dies beim People Network weniger als die Hälfte. Ähnlich verhält es sich mit der Wertschätzung, die der Nutzung dieser Dienste durch die direkten Vorgesetzten entgegengebracht wird. Noch extremer klaffen die Antworten zu Wikis bzw. dem People Network auseinander, wenn es um die Frage geht, ob das Unternehmen als Ganzes Wert auf deren Nutzung legt. Dementsprechend wird das People Network auch weniger als Teil der Unternehmenskultur wahrgenommen als die Wikis.
Warum also sollte ich meine Zeit dafür opfern, Daten in mein Profil einzupflegen, auf meine Kompetenzen zu verweisen und mich mit anderen zu vernetzen, wenn niemand hierauf Wert legt und ich auf diese Weise bei Entscheidungsträgern auch nicht sichtbar werde? Warum sollte ich etwas tun, das nicht anerkannt und vorgelebt wird?
Fazit
Die insbesondere kulturellen Herausforderungen an Unternehmen, die eine Enterprise 2.0 Strategie verfolgen – und damit nicht zuletzt einen Ansatz für ein modernes Wissensmanagement – wurden in meinen Daten deutlich.
Stephan Grabmeier, Head of Culture Initiatives bei der Detschen Telekom hat sie erkannt, wenn er zu Protokoll gibt, der Umgang mit Web 2.0 im Unternehmen müsse unbedingt auch vom Top-Management und den Führungskräften „vorgelebt“ werden.[5] Denn nur, wenn diese im internen Netzwerk der Organisation als „Hub“ fungieren,[6] können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Mitwirken am umfassenden Wandel zum Enterprise 2.0 motiviert werden.
Mit dem Relaunch des Social Media Angebots vor einem Jahr hat die Telekom – und maßgeblich die in ihr aktive Social Media Community – gezeigt, dass sie aus den Erfahrungen mit Social Media lernt. Ob sie es schafft, den kulturellen Wandel auch in den Köpfen der Mehrheit ihrer Führungskräfte zu etablieren, wird sich zeigen.
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[slideshare id=19156081&doc=120307stollenterprise2-0dt-130419081240-phpapp01]
Literatur
Back, Andrea; Gronau, Norbert; Tochtermann, Klaus: Web 2.0 in der Unternehmenspraxis. Grundlagen, Fallstudien und Trends zum Einsatz von Social Software. München 2009
defacto.x: Pressemitteilung: Studie von defacto.x, Selbst-GmbH und Deutscher Telekom: Unternehmen setzen zunehmend auf Social Media. http://www.defacto-x.de/html/pressemeldung/items/studie-von-defactox-selbst-gmbh-und-deutscher-telekom-unternehmen-setzen-zunehmend-auf-social-media.html, vom 24.06.2010, letzter Zugriff: 05.07.2011
Deriu, Ursula: Das Enterprise 2.0 als Netzwerk verstehen oder Der neue Manager sollte ein Kommunikations-Hub sein. http://tirsus.com/blog/das-enterprise-2-0-als-netzwerk-verstehen-oder-der-neue-manager-sollte-ein-kommunikations-hub-sein/, vom 23. April 2013, letzter Zugriff: 08.05.2013
Li, Charlene; Webber, Alan; Cifuentes, Jon: Making the Business Case for Enterprise Social Networks. Focus on Relationsships to drive value. In: 2012, http://www.slideshare.net/Altimeter/altimeter-report-making-the-business-case-for-enterprise-social-networks
Mayer, Florian L.; Schoeneborn, Dennis: WikiWebs in der Organisationskommunikation In: Stegbauer, Christian; Jäckel, Michael (Hrsg.): Social Software: Formen der Kooperation in computerbasierten Netzwerken. Wiesbaden 2008, S. 159-172
Wolf, Frank; Rauhut, Christoph; Happ, Simone; Buschow, Christopher; Dräger, Katja: Wissensmanagament im Enterprise 2.0. – Teil 2: Die Entdeckung des Menschen. http://de.slideshare.net/SoftwareSaxony/die-entdeckung-des-menschen-wissensmanagement-im-enterprise-20-presentation, vom 14.01.2009, letzter Zugriff: 25.03.2013
Wolf, Frank; Rauhut, Christoph; Happ, Simone; Buschow, Christopher; Dräger, Katja: Wissensmanagament im Enterprise 2.0. – Teil 3: Anleitung zum Handeln. http://de.slideshare.net/SoftwareSaxony/anleitung-zum-handeln-wissensmanagement-im-enterprise-20, vom 04.02.2009, letzter Zugriff: 25.03.2013
Wolf, Frank; Rauhut, Christoph; Happ, Simone; Buschow, Christopher; Dräger, Katja: Wissensmanagement im Enterprise 2.0 – Teil 1: Der Wikipedia Irrtum. http://de.slideshare.net/SoftwareSaxony/der-wikipedia-irrtum-presentation?ref=http://besser20.de/prasentation-wissensmanagement-im-enterprise-20-der-wikipedia-irrtum-jetzt-online/75/, vom 14.01.2009, letzter Zugriff: 25.03.2013